Es ist momentan viel die Rede von Digitalisierung. Dabei wird die Zukunft beschrieben, in der fast alle Informationen in digitaler Form vorliegen, was unser Leben und Arbeiten maßgeblich beeinflussen wird. Aber leben wir nicht schon längst in einer digitalen Welt, ohne es bemerkt zu haben? Ich habe mir dazu ein paar Gedanken gemacht. Welche das sind, lesen Sie hier.
Wir schreiben nur noch sehr selten Briefe, stattdessen kommunizieren wir per E-Mail. Oder per SMS. Aber das macht heute schon kaum einer mehr. WhatsApp ist das moderne Medium für das schnelle Austauschen von Nachrichten. Die Adressen und Telefonnummern unserer Familie und Freunde speichern wir nicht mehr in einem Adressbuch aus Papier, sondern in unseren Smartphones. Diese synchronisieren sich ganz automatisch mit unseren Kontakten auf unseren PCs oder Notebooks wie z. B. in Outlook. Das ist praktisch und komfortabel. Wenn wir im Urlaub sind, verzichte ich immer öfter auf das Schreiben von Postkarten. Wir posten einfach unseren Aufenthaltsort mit ein paar Grüßen auf Facebook, um die Daheimgebliebenen darüber zu informieren, unter welcher Sonne wir gerade brutzeln. Wenn es etwas seriöser sein soll, verwenden wir LinkedIn.
Dort geht es weniger um Urlaubsgrüße, sondern um berufliche Themen, aber auch hier steht das Mitteilungsbedürfnis im Vordergrund. Und seien Sie mal ehrlich: Lesen Sie noch Zeitung? Ich nicht. Wozu auch? Ich bevorzuge das Internet und besuche regelmäßig die Seiten der einschlägigen Online-Medien. Dort sind die Informationen schneller und aktuell verfügbar. Dass darunter häufig auch die Qualität leidet, vergessen wir dabei allzu oft. Schuhe, Kleidung, Spielzeug und Geschenke kaufen wir immer häufiger im Internet wie bspw. bei Amazon oder Zalando. Übrigens bestelle ich seit ein paar Monaten sogar meine Lebensmittel online und lasse sie nach Hause liefern. Da spart man sich nicht nur die Fahrt in den Supermarkt, sondern auch das Schleppen der Tüten. Nächstes Beispiel: Mobilität. Die Zugtickets kaufen wir über die Internetseite der Deutschen Bahn oder direkt über die App. Wir müssen noch nicht mal mehr die Fahrkarte ausdrucken, sondern zeigen im Zug einfach unser Smartphone vor, auf dem der QR-Code angezeigt wird. Zu Hause wartet meist auch keine Schallplattensammlung auf uns.
Viele haben auch keine CDs mehr. Stattdessen ist die gesamte Musiksammlung auf dem Smartphone, Tablet oder dem NAS (Network Attached Storage) gespeichert. Zum Abspielen verwende ich z. B. ein Gerät von Sonos. Das ist so simpel, dass sogar ich es fehlerfrei bedienen kann. Und neue Lieder kaufe ich ganz bequem bei iTunes. Natürlich schaue ich auch ab und zu TV. Aber nicht so wie früher. Ich streame. Ja, genau. Ich sehe Filme und Serien z. B. über Netflix. Die kann ich schauen, wann immer ich will, und bin damit unabhängig vom TV-Programm. Die Tagesschau, die um 20:00 Uhr gelaufen ist, kann ich mir immer noch später in der Mediathek anschauen.
Aber ich sitze abends natürlich nicht nur faul auf der Couch. Ich treibe auch Sport. Und auch währenddessen sammle und speichere ich Daten. Mittels einer GPS-Uhr werden die gelaufene oder mit dem Rad zurückgelegte Strecke, die Herzfrequenz und die absolvierten Höhenmeter aufgezeichnet. Daraus werden weitere Informationen wie (Durchschnitts-)Geschwindigkeit berechnet.
Und da ich die Daten nicht nur sammeln, sondern mit meinen Mitmenschen teilen möchte, veröffentliche ich nach dem Synchronisieren meiner Uhr mit dem Smartphone meine Trainingseinheiten auf Strava. Ganz automatisch. Soll ja ruhig jeder wissen, was für ein sportlicher Typ ich bin. Gestern Abend habe ich noch schnell einen Strafzettel bezahlt. Natürlich per Online-Banking. Einen papierhaften Überweisungsbeleg habe ich schon lange nicht mehr ausgefüllt. Ich wüsste gar nicht, wohin damit. Da fällt mir noch was ein: Wann hatten Sie zuletzt ein Lexikon in der Hand? Oder eine Straßenkarte? Sehen Sie.
Doch so sehr die Digitalisierung im privaten Bereich schon fortgeschritten zu sein scheint, so sehr hinken Unternehmen bisweilen hinterher. In Banken gibt es immer noch eine Kreditakte in einem Leitz-Ordner, und das Vorstandsmitglied erhält regelmäßig den Risikobericht in ausgedruckter Form, den es sich in eine Mappe legt, sich diese zusammen mit anderen Dokumenten unter den Arm klemmt und damit in die nächste Sitzung geht. Das ist nicht nur unpraktisch und unflexibel, sondern auch zeitaufwendig und teuer, weil durch den Druck wertvolle Zeit verloren geht. Und der Bericht am nächsten Tag schon wieder veraltet sein kann. Wäre es nicht sinnvoller, wenn der Vorstand immer die aktuelle Risikosituation der Bank auf seinem Tablet verfügbar hätte, um schnell auf neue Entwicklungen reagieren zu können?
Dinge zu verändern, benötigt Mut. Mut, sich von Gewohnheiten zu trennen und neue Wege zu gehen. Denn es gibt keine Verbesserung ohne Veränderung. Dies gilt im Zeitalter der Digitalisierung mehr denn je.
Da fällt mir gerade ein: Warum schlägt der Online-Händler mir nicht den Kauf neuer Laufschuhe vor, wenn ich knapp 1.000 km gelaufen bin? Dies natürlich unter Berücksichtigung meiner individuellen Bedürfnisse, die sich nach Faktorenrichten wie Gewicht, Tempo, Streckenlänge und Untergrund, auf dem ich üblicherweise laufe. Dürfte ja wohl nicht so schwer sein, oder? Die Daten sind ja schließlich vorhanden. Es gibt also auch im privaten Bereich noch Handlungsbedarf durch die Digitalisierung.