Chancen im Bereich IoT: die Perspektive des Verbindungstechnologieanbieters Bossard

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IoT-Projekte sind äußerst facettenreich und gerade für Unternehmen, die nicht aus dem IT-Bereich kommen, eine große Herausforderung. Um die eigenen Produkte „smart“ zu machen, müssen sich Hersteller mit ganz neuen Themen wie Sensortechnik, Softwarelösungen und IoT-Infrastrukturen auseinandersetzen. Das bedeutet, dass unter anderem die Bildung von Partnerschaften und generell eine intensivere Kommunikation zwischen den Herstellern von Software, Hardware und Infrastruktur unabdingbar wird. Immer mehr Unternehmen sind sich dessen bewusst, suchen aktiv den Kontakt und versuchen, sich ein sogenanntes Ökosystem aufzubauen. Am E4TC auf dem Campus der RWTH Aachen vernetzen sich in der Member-Community viele unterschiedliche Unternehmen und starten einen ersten Dialog zu diesen relevanten Digitalisierungsthemen. In der dortigen Demofabrik können Use Cases durchgeführt und relevante Lösungen gefunden werden. Im vorangegangenen Beitrag habe ich mit Felix Steinlein vom Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) gesprochen (gesamte Interviewserie).

Das heutige Interview beleuchtet einen anderen Standpunkt, nämlich den von Urs Güttinger, CTO des Verbindungstechnologieanbieters Bossard.

Herr Güttinger, welche sind denn in Ihren Augen aktuell die drei wichtigsten Digitalisierungstrends?

Urs Güttinger: Ich spreche jetzt natürlich aus der Sicht von Bossard. Da ist einerseits das Thema IoT, also hauptsächlich das Messen und Zusammenstellen von Informationen. Darüber hinaus ist es für uns ganz klar wichtig, die gesammelten Daten mithilfe von Data Analytics, Machine Learning, und künstlicher Intelligenz (KI) auszuwerten. Und der dritte Aspekt hat für mich ebenfalls mit Daten zu tun: Früher haben wir von unseren Kunden Papierzeichnungen bekommen, heute arbeiten wir mit Daten oder digitalen Zwillingen. Daraus lassen wir dann Teile produzieren und optimieren.

Direkt als ersten Trend haben Sie das IoT genannt. Inwiefern spielt es eine Rolle für die Verbesserung von Prozessen bei Bossard?

Güttinger: Wir sagen, unsere Lager ist unsere Produktion, in dem wir das Material vereinzeln. Unser Job besteht quasi darin, den Container M6-Muttern einzukaufen und das Hunderterpaket an unsere Kunden auszuliefern. Wir selbst produzieren ja keine Verbindungselemente oder Ähnliches. Wir sind im Bereich Verbindungstechnik angesiedelt. Ein Beispiel dafür, was wir mit IoT machen, sind die SmartBin-Waagen. Dank eines Gewichtssensors unter der Box wissen wir, welchen Lagerbestand der Kunde hat und können den Nachschub automatisieren. Das haben wir schon seit 20 Jahren und das funktioniert sehr gut. In Zukunft könnten diese Informationen mit Qualitätsdaten angereichert werden. Das heißt: Wenn der Kunde etwas verschraubt, messen wir die Daten und können den Kunden darauf hinweisen, wenn irgendetwas „abdriftet“. Dann geben wir ihm Ratschläge, was zu korrigieren ist. Solche Optimierungsprozesse könnten künftig dazukommen.

Das heißt, es geht dann wahrscheinlich in die Richtung, IoT zu nutzen, um Vorhersagen treffen zu können?

Güttinger: Ja. Das ist jetzt noch eine Vision, das wird der Kunde womöglich auch nicht wollen. Aber es könnte zum Beispiel sein, dass der Kunde uns seine gesamten Produktionsdaten gibt, seine Messergebnisse von Verschraubungen und so weiter. Darauf basierend können wir ihm sagen: Du wirst in einem bestimmten Bereich ein Qualitätsproblem bekommen, nimm doch eine andere Schraube, die könnte besser funktionieren. So könnte theoretisch die nächste Stufe in der Auswertung von IoT-Daten aussehen. Die Frage ist, ob die Kunden dann offen genug sind, mit uns diese Information zu teilen. Darin sehe ich noch große Überzeugungsarbeit.

Können Sie IoT-bedingte Veränderungen in Bezug auf das Zusammenspiel von Unternehmen erkennen?

Güttinger: Wenn ich jetzt Bossard anschaue, muss ich sagen: Wir können für unsere Kunden bessere Services anbieten, aber weitere Partner einzubinden, ist noch schwierig. Außer im Hinblick darauf, dass wir voneinander lernen, dass wir zum Teil Leistungen voneinander einkaufen und so weiter. Aber es wäre noch zu früh, von der Gründung eines Partner-Ökosystems zu sprechen. Das sehe ich so im Moment noch nicht im reinen Bossard-Case. Aber wenn ich mir das E4TC anschaue, da sehe ich natürlich Informationsaustausch und dass wir viel voneinander lernen. Und wir können uns gegenseitig Angebote, Prozesse, Systeme in diesem Netzwerk zur Verfügung stellen.

Und denken Sie, dass sich das in Zukunft für Bossard in diese Richtung entwickeln wird?

Güttinger: Ich bin da ein wenig skeptisch. Während wir privat alle unsere Daten dauernd teilen und Netzwerken wie Google und Facebook vieles an Informationen geben, sind wir im Geschäft eher zurückhaltend mit dem Datenaustausch. Unsere Kunden wollen von uns zum Beispiel NDAs, damit wir ihre Daten nicht weitergeben. Ich denke, die dafür erforderliche offene Denkweise ist in der Industrie im Moment einfach noch nicht so vorhanden. Ich glaube, das bremst uns ein bisschen. Theoretisch könnten wir schon alle Lagerbestände beim Kunden messen und die Information an alle seine Lieferanten geben. Allerdings möchte das der Kunde tendenziell eher noch nicht. Ich denke wir Kunden – Lieferanten – Dienstleister, werden uns in Zukunft in Ökosystem zusammenfinden und zur Optimierung der Prozesse enger miteinander zusammenarbeiten, Informationen austauschen und uns gegenseitig weiterbringen.

Thema E4TC: Worin bestand denn die Hauptmotivation, so eine Mitgliedschaft einzugehen?

Güttinger: Wir als Bossard sehen uns als Innovationsführer in der Branche. Wir wollen mit anderen Innovationsleadern unserer Branche, also Produktion, Montage und so weiter, zusammenkommen. Wir möchten dabei sein, um neueste Entwicklungen kennenzulernen und zu schauen, ob das für unser Businessmodell oder unsere Kunden einen Nutzen hat. Das ist unsere Motivation.

Hat das E4TC Ihnen unerwartete Möglichkeiten gebracht oder Sie in bestimmten Aspekten überrascht?

Güttinger: Ja, unter anderem haben wir eher von Projekten gelernt, in die wir gar nicht so tief involviert waren. Ein Beispiel ist das Datenmodell, das untersucht hat, wie Frontend-Systeme, Converter und Backend-Systeme zusammenarbeiten. Das hat uns eigentlich die Idee gegeben, wie wir auch unsere interne IT modernisieren könnten.

In welchem Bereich Ihrer Mitgliedschaft sehen Sie das größte Potenzial?

Güttinger: Das Potenzial besteht tatsächlich darin, dass wir von den Errungenschaften, die das E4TC erarbeitet, viel lernen – auch im Hinblick darauf, wohin wir uns als Firma Bossard entwickeln können, müssen, sollen. Das ist eigentlich unsere größte Erwartung, dass wir einen Trend erkennen, wohin unser Markt geht, wie sich die Hersteller in der Industrie ausrichten, wie wir uns da platzieren können und welche Leistung wir anbieten müssen. Und sicherstellen, dass wir schlussendlich bei diesen Entwicklungen weiterhin eine wichtige Rolle spielen.

Zum Abschluss: Verfolgen Sie, abgesehen vom E4TC, ähnliche Projekte oder Mitgliedschaften bei Bossard?

Güttinger: Ja, tun wir. Zum Beispiel in der Schweiz: Dort heißt es, meine ich, Swiss Smart Factory. Die Firma Bossert ist ja weltweit in 30 Ländern vertreten, und wir versuchen, in allen Ländern bei solchen Initiativen mitzumachen. In Italien sind wir bei einer Demofabrik dabei, die die Universität Mailand macht. In Asien, in Singapur und in China, sind wir an zwei, drei Orten. Das sind dann – im Gegensatz zum E4TC-Ansatz – wirklich die Universitäten, die etwas auf die Beine stellen. Und wir sind bei verschiedenen dabei, um eben auch die Forschungsresultate und Trends mitzubekommen.

SAS bietet im Rahmen des E4TC Workshops zum Thema Industrie 4.0 an, um konkrete Strategien zu entwickeln, wie digitale Transformation erfolgen sollte. Je nach Bedarf werden unter anderem Business Use Cases aus unterschiedlichen Bereichen elaboriert. Interesse?

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About Author

Léonie Valencia

Von 2015-2016 sammelte Léonie Valencia an den SAS Standorten Heidelberg und Wien erste Erfahrungen im digitalen Marketing. Seit März 2019 ist sie wieder Teil des Marketing Teams und untersucht in ihrer Masterarbeit die Einflüsse des Internet of Things auf Wertschöpfungsprozesse von Unternehmen in der IT Branche. After gaining some experience in the field of digital marketing in the SAS offices of Heidelberg and Vienna from 2015-2016, Léonie Valencia rejoined SAS in 2019 to support the marketing department and to write her Master Thesis focusing on the impact of the Internet of Things on value creation processes in the IT sector.

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