Das Industrial Internet of Things im produzierenden Sektor

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Das Thema Internet of Things (IoT) ist im Produktionsbereich heute nicht mehr wegzudenken. Ob es nun um die Produktion selbst und eine smarte Produktionsumgebung geht oder um die Gestaltung der Produkte, die „smart“ werden sollen – nahezu in jedem Bereich gibt es immer mehr Vernetzungen, Sensoren werden eingebettet, und mehr und mehr „Dinge“ lernen, miteinander zu kommunizieren. Was in diesem Zusammenhang mehr als deutlich wird, ist, dass Unternehmen über den eigenen Tellerrand hinausblicken und sich mit anderen Herstellern zusammentun müssen, um diese Vielfalt an notwendiger Expertise in den verschiedensten Bereichen überhaupt abzudecken zu können. Das E4TC am Campus der RWTH Aachen unterstützt genau diesen interdisziplinären Austausch. In dieser Blogreihe unterhalte ich mich mit Mitgliedern der E4TC Member-Community und erfahre Spannendes über Netzwerkeffekte, interdisziplinäre Zusammenarbeit und Industrie 4.0.

Während mein letztes Gespräch, das ich mit Dieter Pesch von EPLAN geführt habe, eher aus der Softwaresicht kam, spreche ich dieses Mal mit Felix Steinlein vom Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR), welcher in Projekten im E4TC und bei e.GO tätig ist.

Herr Steinlein, welche sind denn in Ihren Augen aktuell die drei wichtigsten Digitalisierungstrends?

Felix Steinlein: Wichtig ist zunächst, dass man ein durchgängiges Abbild seiner Prozesse im Unternehmen schafft, also die ganzen Prozessschritte und somit auch digitale Schatten nachvollziehen kann. Der zweitwichtigste Trend ist dann in Bezug auf Fertigungstechnologie Predictive Maintenance, bei der auf Basis der gesammelten Daten nicht normale Zustände erkannt werden. Als Drittes zu nennen ist die Verknüpfung von Systemen, um Insellösungen zu vermeiden, und das Realisieren einer hohen Datenqualität über die gesamte IT-Landschaft. Das passt zum ersten Punkt – also zum übergeordneten Ziel, ein digitales Abbild zu schaffen.

Mit welchen Schlagwörtern oder Trend-Begriffen lässt sich das beschreiben?

Steinlein: Ja, gerade im produzierenden Gewerbe ist ein Thema das MES (Manufacturing Execution System), das einerseits erst wenige haben, es andererseits letztendlich das ist, was die Datenerfassung schafft. Predictive Maintenance wäre dann ein Trendthema, das viele umtreibt, und dann gibt es noch das ganze Thema Entscheidungsunterstützung mit Algorithmen künstlicher Intelligenz (KI).

Künstliche Intelligenz ist ein gutes Stichwort. Spielen KI und auch Machine Learning eine Rolle?

Steinlein: Die Technologien spielen eine wichtige Rolle im Bereich der Bilderkennung, wenn es um die Qualitätsdokumentation von Prozessschritte geht. Bilderkennung mit künstlicher Intelligenz kann den Mitarbeiter auf etwaige Montagefehler hinweisen, oder Produkte hinsichtlich ihrer Qualität durch einen Abgleich mit Soll-Bildern prüfen.

Und setzen Sie sich in dem Zusammenhang auch schon mit den Themen Streaming und Edge Analytics auseinander?

Steinlein: Ja, auf jeden Fall. Wir haben jetzt gerade wieder darüber diskutiert, wie wir Bilderkennung innerhalb eines Montagevorgangs verwenden können. Da in diesem Falle das Werkzeug handlich sein muss, können wir keine lokale Auswertung machen. Durch eine schnelle Datenverbindung (z.B. 5G) kann man das Bild per Stream an einen Server geben, der dann die Auswertung übernimmt. Auch ein trainierter Algorithmus, der auf einem EDGE-Device läuft wäre denkbar.

Im produzierenden Bereich sorgt das Thema Industrie 4.0 für einige Veränderungen. Inwiefern können Sie durch neue Anwendungen die Produktion verbessern?

Steinlein: Industrie 4.0 oder IoT spielen dahingehend eine Rolle, dass sie uns zum ersten Mal ein objektiv verlässliches Bild des Zustands geben können. Bei der Verbesserung der Produktion war man bisher auf kleine iterative Beobachtungen und Verbesserungen im Sinne des Lean Managements angewiesen. Manchmal können wir die zeitliche und räumliche Kausalität nicht per Beobachtung erfassen und verstehen daher nicht woher der Fehler stammt. Das Internet der Dinge hilft uns, mit objektivem Weitblick längere Zeiträume zu betrachten, und per Datenauswertung diese zu analysieren. Eine Online-Prozesskontrolle basierend auf Eingriffsgrenzen mittels Sensoren kann uns darüber hinaus abnormale Zustände in Echtzeit mitteilen, wodurch Fehler im Prozess schneller erkannt werden.

Welche Auswirkungen haben die angesprochenen Trends Ihrer Einschätzung nach auf das Zusammenspiel von Unternehmen?

Steinlein: Ganz wichtig ist das Thema der Transparenz über die eigenen Produktionsprozesse und die meiner Lieferanten. Das Ziel ist zu jedem Zeitpunkt den aktuellen Zustand eines Fertigungsauftrags zu kennen. Kenne ich meinen Zustand, dann kann ich diesen auch meinen Kunden weitergeben, sodass diese auch ihr Produktionsprogramm optimal ausgestalten können. Hierfür gibt es Schnittstellen, welche unternehmensübergreifend Daten zwischen ERP-Systemen austauschen. Darüber hinaus ist der Austausch von Prozessdaten zwischen Anlagenbetreiber und Anlagenlieferant sehr interessant Ich als Betreiber einer Trumpf-Laserschneideanlage habe ein Problem mit Prozessparametern und kann dieses nicht lösen. Ein Weg wäre diese Daten dem Hersteller zur Analyse zu überlassen, um seine Fachexpertise zur Optimierung des Prozesses mit einzubringen. Ich als Anlagenbetreiber profitiere von einem verbesserten Prozess, während der Anlagenhersteller ein zusätzliches Servicegeschäftsmodell aufbaut.

Und welche Veränderungen wird es perspektivisch geben?

Steinlein: In der Forschung wird zum Beispiel gerade diskutiert, wie das rechtliche Konzept der Datenüberlassung- und Nutzung aussieht. Hier entstehen gerade Plattformkonzepte, wie der Industrial Dataspace, welcher eine klare Regelung des Datengebrauchs ermöglicht. Dies schafft Abhilfe bei der Problematik der Datenhoheit, auf Grund welcher viele Unternehmen noch scheuen, Daten ihrer Prozesse an Partner oder Dritte zu offenbaren.

Um auf das E4TC zu sprechen zu kommen: Was macht das Konzept in Ihren Augen besonders?

Steinlein: Was ich aus meiner eigenen Erfahrung heraus bemerkenswert finde, ist, dass man viel Unterstützung für Projekte bekommt, die im Unternehmen einen Innovationscharakter haben. Zum Beispiel entwickelt Ihr bei SAS Softwarelösungen, Atlas Copco stellt Schraubwerkzeuge zur Verfügung. Aus meiner Zeit bei einem Automobilzulieferer weiß ich, dass ein Innovationsprojekt neben dem Alltagsgeschäft nur schwer zügig bearbeitbar ist. Wir am E4TC können mit den Projektpartnern zügig Lösungen entwickeln, da ein hohes Commitment der Partner und E4TC-Mitarbeiter gepaart mit einer agile Arbeitsweise vorherrscht.

Und in welchem Bereich sehen Sie das größte Potenzial?

Steinlein: Ich sehe das größte Potenzial in der Vielfalt, die man hier erlebt. Man hat die Zusammenarbeit von Softwareanbietern, Hardwareanbietern und Industrieunternehmen, welche gemeinsam an innovativem Themen arbeiten. Dieses Zusammenspiel und die Vielfalt der Themen und Einblicke in unterschiedliche Branchen sind für mich persönlich die interessantesten Aspekte.

SAS bietet im Rahmen des E4TC Workshops zum Thema Industrie 4.0 an, um konkrete Strategien zu entwickeln, wie digitale Transformation erfolgen sollte. Je nach Bedarf werden unter anderem Business Use Cases aus unterschiedlichen Bereichen elaboriert. Interesse?

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About Author

Léonie Valencia

Von 2015-2016 sammelte Léonie Valencia an den SAS Standorten Heidelberg und Wien erste Erfahrungen im digitalen Marketing. Seit März 2019 ist sie wieder Teil des Marketing Teams und untersucht in ihrer Masterarbeit die Einflüsse des Internet of Things auf Wertschöpfungsprozesse von Unternehmen in der IT Branche. After gaining some experience in the field of digital marketing in the SAS offices of Heidelberg and Vienna from 2015-2016, Léonie Valencia rejoined SAS in 2019 to support the marketing department and to write her Master Thesis focusing on the impact of the Internet of Things on value creation processes in the IT sector.

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