Die industrielle Produktion erstickt gerade, und zwar an Daten. Doch wären sie so wertvoll, wenn man aus ihnen Informationen zöge! Überall kommen sie raus: Aus Anlagen an Fertigungsstraßen, aus Sensoren an Geräten, aus Protokollen von Callcentern oder aus allerlei Wartungsberichten. Ich möchte sagen, dass sämtliche Daten, die permanent erzeugt werden, doch besser wiederverwertet werden sollten als in der Datenmülldeponie irgendwo bis zur Unkenntlichkeit zu verdunsten. Am besten gleich am Ensteheungsort wie dem Sensor beispielsweise.
Das Zauberwort lautet Analytics on the Edge. Spass beiseite: Meiner Meinung nach ist IoT ohne Edge Analytics gar nicht mehr denkbar. Denn das Charmante daran ist, dass Sie die Daten direkt während der Übertragung, also im Datenstrom und noch vor der Speicherung, analysieren lassen können. Stellen Sie sich die Technologie am besten vor wie einen intelligenten Filter. Zwar reduziert sich der Datentransport, doch so kann das analytische System Probleme erkennen und abwenden wie zum Beispiel dann die Maschine herunterfahren. Aber auch Alert-Funktionen werden ausgelöst oder jede beliebige Maßnahme kann eingeleitet werden. Werden Ihre Daten vor Auswertung erst mal im Backend abgespeichert, verbauen Sie sich diese Möglichkeiten von vornherein.
Hört sich gut an, aber brauchen Sie das wirklich? Dies ist eine zentrale Frage. Ich denke, Edge Analytics bietet zwar viele Möglichkeiten beim IoT, ist aber nicht für alle notwendig. Ich finde, wenn Sie mindestens eine der folgenden Fragen positiv beantworten werden, sollten Sie darüber nachdenken. Ansonsten lohnen sich Aufwand und Ergebnis meiner Erfahrung nach nicht.
- Ist die Latenzzeit für einen Edge-to-Cloud-Roundtrip nicht mehr akzeptabel?
- Haben Maschinen/Geräte manchmal keine Verbindung zum Netzwerk?
- Gibt es Hürden (Kosten, Technologie, Security), die eine Übermittlung sämtlicher erforderlicher Daten an das Rechenzentrum verhindern?
Wenn Sie noch immer ratlos sind, lassen Sie sich vielleicht von einem Kundenbeispiel inspirieren, das ich begeitet habe: GE Transportation. Sie analysieren ihre Sensordaten für rund 1.200 Lokomotiven mittels Edge Analytics. (übrigens: die dahinterstehende Technologie lautet SAS Event Stream Processing) direkt an Bord und in Echtzeit, um unter anderem den Energieverbrauch ihrer Maschinen zu optimieren. Oder Navistar nutzen die Technologie für mehr als 15.000 Trucks in den USA. Damit können sie herausfinden, wann wichtige Teile ausfallen. Schlägt das System Alarm, wird eine Anweisung ins Führerhaus geschickt, in die Werkstatt zu fahren, wo bereits ein Termin reserviert ist.
Wie das im Detail funktioniert? Anhand von Sensordaten lässt sich recht zuverlässig vorhersagen, wie gesund zum Beispiel ein Turbolader ist. Indikatoren dafür sind statische Daten wie Motortyp, Baujahr des Motors, aber auch dynamische Daten wie Gesamtlaufleistung des Motors oder durchschnittliche Öltemperatur. Damit lassen sich in einem statistischen Modell Frühindikatoren bilden, die auf einen baldigen Ausfall des Turboladers hinweisen. Mit dem analytischen Modell kann dem ESP dann die Information mitgegeben werden, dass beispielsweise nur dann ein Alert/Event generiert wird, wenn die Öltemperatur in Kombination mit weiteren spezifischen Indikatoren steigt. Bei einem „Anschlagen“ des Modells wird eine Fehlermeldung an eine zentrale Service-Stelle geschickt.
Mein Rat zum Schluss: Mit IoT-Technologie können Sie aus Zustands-, Positions- und Bewegungsdaten schnelle Entscheidungen ableiten. Voraussetzung meiner Meinung nach ist jedoch, dass die Daten zeitnah analysiert werden sollten. Ansonsten macht es wenig Sinn, auf das Digitalisierungspferd aufzuspringen, weil es realistischerweise keinen wirklichen Mehrwert bringt und nur Makulatur bleibt. Ein Kratzen an der Oberfläche. Ich möchte Ihnen eine ganz interessante Studie vorschlagen: „Wettbewerbsfaktor Analytics im Internet der Dinge“ der Universität Potsdam. Hier geht es darum, vor welchen Herausforderungen Unternehmen mit IOT gerade stehen.