InsurTechs: Konkurrenz, Koexistenz oder Kooperation?

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Versicherer gehören zu den Spätstartern in Sachen Digitalisierung – selbst im Kundenservice, wo sich die digitale Vernetzung förmlich aufdrängt. Oft spielt dabei die Unternehmensgröße und die damit verbundenen festgefahrenen Strukturen, Legacy Systeme und Prozesse eine große Rolle. Sie macht es auch schwer, auf neue Trends spontan zu reagieren. Und dann drängen sich noch InsurTechs auf den Markt und machen vor, wie es gehen kann. Denn sie sind flexibler, agiler und nutzen den verfügbaren technologischen Vorsprung. Die Meinungen der Branchenkenner zu InsurTechs spalten sich: Werden InsurTechs wirklich klassische Versicherungen ablösen? Oder sind sie nur ein vorübergehender Trend? Ich sage: weder noch.

InsurTech ist nicht gleich InsurTech

Zunächst ein wenig Hintergrundwissen: InsurTechs sind – ähnlich wie FinTechs – StartUps, die sich auf Versicherungen spezialisiert haben. Derzeit gibt es etwa 2.000, das macht einen Marktanteil von etwa 1 – 2 Prozent aus. Die Bandbreite reicht dabei vom Serviceanbieter über InsurTechs mit einem klassischen Versicherer als Risikoträger im Hintergrund bis hin zum rein digitalen Versicherungsunternehmen mit eigenen Produkten. Fast alle InsurTechs denken Teile der Wertschöpfungskette neu und rücken den Kunden dabei viel stärker in den Fokus als es viele etablierte Versicherungen heute tun. Aber nur ein kleiner Teil dieser InsurTechs haben wirklich disruptives Potenzial und stellen eine echte Konkurrenz dar. Der Großteil bedient Nischen oder bietet zusätzliche Services an, die etablierte Versicherer oft nicht abdecken können oder wollen. Sie können den klassischen Versicherern helfen, besser zu werden. Allen gemeinsam ist, dass sie innovativer und moderner sind und neueren Kundenbedürfnissen somit besser gerecht werden.

Ganz im Gegenteil zu klassischen Versicherern: festgefahrene Strukturen und Prozesse, veraltete Kundenansprache und mit viel Glück ein paar Digitalisierungstendenzen im Kundenservice. Es gibt Aussagen, laut denen 80% der Versicherer glauben zeitgemäß kundenorientiert zu sein, was jedoch nur 8 % der Kunden bestätigen. Versicherer haben durchschnittlich 1x pro Jahr Kontakt mit ihren Kunden, Insurtechs bis zu 12 mal. Insofern ist es umso wichtiger, diese Lücke zu schließen und neue zusätzliche Kundenzugänge zu erschließen statt ausschließlich auf TV-Werbung und Vergleichsportale zu vertrauen. Wie das heute schon funktionieren kann, zeigt ein Blick nach Osten, genauer nach China.

Machine LearningDort, in einem zugegeben protegierten Markt, gehen Player wie Zhong An erfolgreich neue Wege, wachsen rasant und schielen schon auf den europäischen Versicherungsmarkt. Durch namhafte Sponsoren wie Alibaba, Tencent und Ping An ist gewiss ein großer Kapital- und Kundenzugang gegeben, aber der Fokus auf einen individuell abgestimmten und integrierten B2B2C Vertrieb mit 100en von Partnern statt eigene Vertriebswege aufzubauen, die sprinthafte Entwicklung von neuen und bündelfähigen Nischenprodukten, sowie die Begleitung der Kunden auch in nicht-Versicherungsbereiche hinein, z.B. durch Lifecoaching oder Restaurantguides sind Erfolgsfaktoren. Dies, zusammen mit den Bestrebungen von Plattformanbietern wie Amazon und Co im Versicherungsgeschäft mitzumischen sowie Umfeldfaktoren wie Regulierung, Niedrigzins, Vertrauensverlust etc. kann schon die Frage aufwerfen, ob ein Versicherer sein althergebrachtes Geschäftsmodell noch optimieren kann, oder die ganze Branche ihr Geschäftsmodell überdenken sollte.

Es wundert also nicht, dass Versicherungen – wie bereits auch Banken – diese neuen StartUps als Chance erkannt haben und auf verschiedene Art und Weise mit ihnen kooperieren. Ob Aufkauf, Partnerschaft oder Gründung eigener StartUps – das Ziel ist immer gleich: digitale Expertise aneignen, Innovation fördern, den Kunden in den Fokus stellen und schnell neue Wege gehen.

Kombinieren statt konkurrieren

Das Ganze ist aber durchaus keine Einbahnstraße, denn auch die InsurTechs profitieren: Meistens fehlt es ihnen an Markenbekanntheit, Vertriebsnetz und Kundenstamm, aber auch an Erfahrung in Risikokalkulationen. Und genau diese Expertise bieten die klassischen Versicherer. Ein Beispiel ist die Kombination von Service und Produkten: InsurTechs vermarkten und verkaufen individuell auf den Kunden abgestimmte Versicherungspakete, die entsprechenden Produkte stammen aber vom klassischen Versicherer, der somit auch die Risikoträgerschaft übernimmt.

InsurTechs bedeuten also nicht das Ende der Branche, weil oft keine fundamentale Konkurrenz. Aber sie zeigen als Vorreiter, wo die Reise hingehen kann. Versicherer, die nicht mehr hinterherhinken wollen, müssen handeln – und offen für alle Modelle der Kooperation sein. Denn eines ist sicher: InsurTechs sind kein kurzlebiger Trend – abwarten ist keine Option.

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About Author

Michael Rabin

Michael Rabin assists insurance companys on their way towards digitalization, big data analytics and IoT. Prior to this, he worked as a technical account manager in this segment. He began his career with a German insurer (including businesscontrolling of property / casualty insurance and strategic bank assurance) and is therefore familiar in the field of classic insurance.

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