Das Konzept von Self-Service Analytics wird oft mit innovativen Geschäftsmodellen oder schneller Reaktion auf Kundenanfragen assoziiert. Darüber hinaus kann Self-Service aber auch Mitarbeiter in die Lage versetzen, operative Vorgänge besser und effektiver zu unterstützen. Mit Carsten Krah, Business Expert Risk, Fraud & Compliance bei SAS, habe ich mich darüber unterhalten, wie Datenaufbereitung und Self-Service Analytics und Compliance zusammenspielen.
Was sind für dich die Trends, die Self-Service Analytics vorantreiben?
Carsten: Ich denke, die Tendenz zu Self-Service Analytics liegt darin begründet, dass einige Faktoren zusammengekommen sind. Es gibt sehr viel mehr nutzerfreundliche Tools, und sie sind auch noch wesentlich günstiger als zuvor. Das hat dazu geführt, dass Self-Service nicht nur möglich ist, sondern auch einfach. Start-ups bringen neue Ideen auf den Markt, und Fachanwender gewöhnen sich zunehmend an den Umgang mit Daten und Analytics. Des Weiteren wurden Fachbereiche schon in der Vergangenheit immer wieder gefordert situativ ad hoc mit Daten zu arbeiten.
Also liegt es zu einem Teil an den richtigen Tools und zum anderen Teil an der steigenden Kompetenz, diese zu nutzen?
Carsten: Ja, und Zeit spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Anwender in den Fachabteilungen möchten nicht darauf warten, dass ihnen die IT-Abteilung die Ergebnisse zurückspielt. Jetzt haben sie die Tools und Fähigkeiten, um selbst Abfragen durchzuführen. Es mag zum Teil auch daran liegen, dass IT-Abteilungen immer mehr abverlangt wird, sodass sie weniger Zeit haben, sich um einzelne Nutzer zu kümmern. Die IT schafft es daher nicht, die Daten beziehungsweise einen Zugang zu den Daten in einem Zeitrahmen bereitzustellen, der für die Fachabteilung sinnvoll ist.
Welche Auswirkungen haben regulatorische Anforderungen?
Carsten: Regulierungen wie die neue EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) oder Bankenrichtlinien wie BCBS239 zeigen, dass Transparenz immens wichtig ist. Das hat Auswirkungen auf Analytics ebenso wie auf die Daten. Eine Grundvoraussetzung wird sein, die Herkunft der Daten nachweisen zu können, und offenzulegen, wie sie verwendet werden sollen bzw. wurden. Die Daten einfach in eine „Black Box“ zu schieben und zu schauen, was hinterher herauskommt, ist sicherlich nicht ausreichend. Dasselbe gilt für Solvency II: Versicherer müssen die Risiken wirklich verstehen. Transparenz ist die Bedingung dafür.
Inwieweit ist Data Governance essenziell?
Gute Data Governance ist immens wichtig, erst recht mit Inkrafttreten der DSGVO. Self-Service heißt nicht unbegrenzte Freiheit. Um eine Metapher zu verwenden: Self-Service ist vergleichbar mit dem Unterschied zwischen Service am Tisch und Selbstbedienungsbüffet. Ein Büffet ist kein Freifahrtschein für Speisende, ihr eigenes Essen mitzubringen oder selbst in die Küche zu gehen. Unternehmen brauchen eine Infrastruktur, um die Kontrolle darüber zu behalten, wie Daten und Analytics verwendet werden. Self-Service muss also umsichtig geregelt werden, um erfolgreich zu sein. Das bedeutet eine fragile Balance aus Agilität und Governance, die aber nicht unmöglich ist.
Welche Veränderungen müssen Unternehmen auf ihrem Weg zu einem Self-Service-Ansatz vornehmen?
Alle Mitarbeiter müssen ihre Gewohnheiten anpassen. Sie sollen experimentieren und neue Ansätze ausprobieren können, ohne sich darüber Gedanken machen zu müssen, ob sie überhaupt die richtigen Daten haben. Das Experimentieren mit Daten gibt neue Antworten. Wenn Mitarbeiter erst mal sehen, was mit Analytics alles möglich ist, sind sie viel eher bereit, sie selbst zu nutzen und bei der Datenauswertung auch einen Schritt weiterzugehen. Der heutige Spezialfall der situativen, nicht kontrollierten Ad hoc Analyse wird dann zum geregelten Normalfall.
Heißt das, Datenqualität ist nur sekundär?
Daten mit hoher Qualität sind essenziell – garbage in, garbage out. Aber wenn Fachanwender keinen Nutzen in Analytics sehen, werden sie auch nicht die Wichtigkeit von Datenqualität anerkennen. Daher ist meiner Ansicht nach der erste Schritt, Analytics überhaupt zu nutzen. Dann erkennen Anwender auch die Notwendigkeit, sich um die Qualität der Daten zu kümmern. Und wenn sie sich damit auseinandersetzen, haben sie selbst ein Interesse daran sicherzustellen, dass sie mit guten Daten arbeiten. Datenqualität ist für sie dann nicht länger ein reines „IT-Problem“. Ich sehe einen Wendepunkt, was die Anforderungen an Geschwindigkeit und Datenqualität angeht. Im Laufe der Zeit wird Datenqualität eine Selbstverständlichkeit werden.
Der Umstieg auf Self-Service ist demnach eine Frage von Veränderungsprozessen?
Self-Service an sich ist ein einziger Veränderungsprozess. Er erfordert zunächst einen Wandel in der Einstellung und in der Kultur und vor allem die Motivation der Fachanwender, dass sie selbst Analysen durchführen. Dann erkennen sie auch den Wert darin, mit den richtigen Daten zu arbeiten.