Die Digitalisierung wird ja angeblich alles ändern. Oder sogar revolutionieren. Das gilt sowohl für unser Privat- wie auch das Berufsleben. Unsere Arbeitsweisen und Gewohnheiten werden sich an die digitale Gesellschaft anpassen. Ob wir wollen oder nicht. Gleichfalls werden sich Strukturen und Organisationsformen in Unternehmen verändern. Und diese Veränderungen machen auch vor Geschäftsleitungen und Vorstand nicht halt. Ich habe mir am Beispiel einer Bank dazu ein paar Gedanken gemacht. Welche das sind, erfahren Sie hier.
Früher war (nicht) alles besser. Und auch nicht einfacher.
Seit einigen Jahren gibt es im Vorstand einer Bank die Rolle des CxO. Oder besser gesagt, mehrere CxOs. Da ist zum einen der CEO (Chief Excecutive Officer), das ist der Vorstandsvorsitzende oder Vorstandssprecher. Daneben gibt es typischerweise den COO (Chief Operating Officer), der kümmert sich – etwas salopp ausgedrückt – darum, dass der Laden läuft, den CRO (Chief Risk Officer), der – hoffentlich – die Risiken im Griff hat, und den CFO (Chief Financial Officer), der für die finanziellen Belange (Accounting und Controlling) zuständig ist. Darüber hinaus findet man häufig noch Rollen wie den CIO (Chief Information Officer) und/oder den Chief Marketing Officer (CMO). Dabei kann es durchaus vorkommen, dass der eine CxO an einen anderen CxO berichtet (so ist bspw. meist der CIO dem COO untergeordnet). Und nicht unbedingt muss ein CxO dem Vorstand angehören.
Ist diese Aufbauorganisation noch zeitgemäß?
Der digitale Wandel macht auch vor der Vorstandsetage nicht halt. So ist es zwingend erforderlich, dass sich ein Unternehmen auch in der Aufbauorganisation den aktuellen Herausforderungen anpasst und bestimmte Themen zur Chef- bzw. Vorstandssache erklärt. Absichtserklärungen sind hier nicht ausreichend und führen sicherlich nicht zum Erfolg.
Benötigt wird ein digitales Mindset
Was die Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse heute auszeichnet, ist die Tatsache, dass Veränderungen verstärkt „bottom up“ und weniger „top down“ herbeigeführt werden. Starre Hierarchien spielen eine zunehmend untergeordnete Rolle und weichen Unternehmenskulturen auf, die auf Kollaboration basieren. Dennoch ist es wichtig, dass der Vorstand diese Strömungen aufgreift, unterstützt und die Voraussetzungen schafft, damit sich die Innovationskraft voll entfalten kann.
Der Chief Data Officer
Doch welche neuen Aufgaben und Rollen sollten im Vorstand vergeben werden, um die Organisation für die Zukunft zu wappnen? Hierfür gibt es sicherlich kein Patentrezept. Aber es gibt Anhaltspunkte. In der neueren Zeit finden sich vermehrt Beispiele, bei denen aufgrund der gestiegenen Bedeutung von Daten ein Chief Data Officer installiert wurde. Dessen Aufgabe besteht im Wesentlichen darin, die Vision und Strategie des Datenmanagements zu entwickeln und voranzutreiben. Auf operativer Ebene sollte er zudem Standards etablieren, die den Umgang mit Daten regeln. Ziel muss es sein, Daten als einen strategischen Mehrwert innerhalb eines Unternehmens zu begreifen. Daten an sich sind aber eher ein Rohstoff, der noch veredelt werden muss.
Der Chief Analytics Officer
An dieser Stelle kommt der Chief Analytics Officer ins Spiel. Er koordiniert unternehmensübergreifend sämtliche Aktivitäten und Ressourcen zu Fragestellungen, die sich analytisch (also mathematisch-statistisch) beschreiben und lösen lassen. Seine Aufgabe besteht darin, Anwendungsfälle für Analytics zu erkennen und in den operativen Einheiten zu etablieren. Hierzu gehören bspw. Anwendungen zur Risikofrüherkennung oder die Optimierung von Marketingmaßnahmen. Man könnte auch sagen, er ist der oberste Chef aller Data Scientists (auch wenn die möglicherweise disziplinarisch gar nicht ihm unterstellt sind).
Der Chief Digital Officer
Banken sind durch die Digitalisierung quasi gezwungen, ihre angestammten Geschäftsmodelle zu überdenken und neue Einnahmequellen zu erschließen. Vor diesem Hintergrund macht es Sinn, der digitalen Transformation auch auf Führungsebene die entsprechende Bedeutung beizumessen. Zahlreiche Banken haben aus diesem Grund einen Chief Digital Officer rekrutiert, der die Digitalisierung ganzheitlich steuert und vorantreibt. In einigen Fällen hat man sich sogar dazu entschieden, das Thema Digitalisierung in einer eigens dafür gegründeten Gesellschaft zu bündeln.
Die spannende Frage aber wird sein: Mit welchen Rechten und Befugnissen stattet man die Kollegen und Kolleginnen aus? Und werden die Rollen zusätzlich zu den bestehenden Vorstandsposten besetzt, oder tauscht man den einen oder anderen Chefsessel besser aus? Eine Antwort darauf kann ich Ihnen noch nicht geben. Aber ich werde die Entwicklungen weiterhin neugierig verfolgen.