Höllenforschung ohne Pippi

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In einen glühenden Schlund blicke ich, als öffne sich eine Höllenpforte; Hitze schlägt mir entgegen: Aus dem Stoßofen wird eine Stahlbramme geschoben, zum Walzen auf etwa 1.250 Grad Celsius erwärmt. Lärmend und zischend wird der Stahlblock ausgewalzt und schließlich als wenige Millimeter dickes Blechband aufgerollt, eine gewaltige Spule, tonnenschwer …

Industrielle Produktionsprozesse können grobschlächtig daherkommen. Diese reale, dampfende, laute Welt kontrastiert mit der virtuellen Welt der Künstlichen Intelligenz, die ich vertrete. Überraschend, dass beide Welten verzahnt sind. Überraschend?

Industrieunternehmen müssen ihre Anlagen so einstellen, dass die Produkte den Spezifikationen entsprechen. Wer versteht, wie die vielfältigen Parameter und ihre unterschiedlichen Ausprägungen zusammenspielen und das Endprodukt beeinflussen, kann Prozesse entsprechend optimieren.

In der Stahlindustrie gibt es etwa 800 Parameter. So viele braucht es kaum, um das Verstehen eines Menschen zu überfordern. Es ist nicht überraschend, wenn Prozess‑ und Produktdaten mittels Künstlicher Intelligenz analysiert werden.

„Wollen wir ein Stahlwerk bleiben? Oder machen wir Science Fiction?“ Der Manager fragt sich, welche Kernkompetenzen sein Unternehmen zukünftig braucht.

Nun, Künstliche Intelligenz kann man fallweise zukaufen: Ein Fehler tritt auf; Daten werden analysiert, Ursachen ermittelt, Lösungsvorschläge abgeleitet - fertig. „Results as a service“ nennen wir das, ‑ für einmalige Aufgaben ein guter Ansatz. Aber häufig müssen Prozesse wiederkehrend analysiert werden. Dann ist es besser, eigenes Know how aufzubauen und Analyseprozesse zu etablieren, die die Produktionsprozesse beständig begleiten.

„Was ist mit Outsourcing?“ Der Manager weiß, dass er neue Mitarbeiter kaum wird einstellen können. „Sagen Sie jetzt nicht Cloud. Für unsere Produktionsdaten ist das ein No Go.“

Gut, Cloud muss nicht sein ‑ aber kann: Künstliche Intelligenz ist als Cloud Service verfügbar. Wer‘s nutzt, ist den Betrieb los und profitiert von der Elastizität der Cloud.

Wer Cloud nicht will, kann seine Anwendungen im Remote Managed Service betreiben lassen. Auch er ist den Betrieb los; aber die Elastizität ist abhängig von dem, was das Rechenzentrum bietet.

Der Manager zählt an den Fingern ab: „Unsere IT, unsere Fachbereiche, der Rechenzentrumsbetreiber, Ihre Leute; ‑ wenn da was nicht klappt, weiß ich, dass jeder auf den anderen zeigt.“

Das kann passieren, wenn man’s falsch anpackt. Deshalb planen wir Zeit ein für klare Definitionen von Verantwortlichkeiten und Schnittstellen.

„Zeit haben wir nicht.“ Der Manager schiebt den Kiefer vor und starrt mich an.

Pippi-Langstrumpf-Management, denke ich: Wir machen uns die Welt, widdewidde wie sie uns gefällt. ‑ Wer klare Verantwortlichkeiten und Schnittstellen will, braucht Zeit, um beides festzulegen. Wer die Zeit spart, kauft Reibungsverluste. Schön, wenn’s widdewidde anders wär‘.

OK, wie funktioniert Remote Managed Service? Der Dienstleister betreibt viele Anwendungen und standardisiert dafür Prozesse und Konfigurationen. Um die zugesagten Service Level zu gewährleisten, wird er Prozesse und Konfigurationen außerhalb seiner Standards nicht akzeptieren. Kein Änderungswunsch wird ungeprüft bestätigt und umgesetzt. Darüber kann man sich ärgern, aber dann macht man’s besser selbst.

Der Manager grinst: „Pippi-Langstrumpf-Management nennt meine Frau das, wenn ich Unmögliches fordere.“

Vorgehensmodell und Service Level werden wir kommende Woche diskutieren. Den Himmel auf Erden kann ich nicht versprechen. Gut möglich, dass er überrascht ist, wie schnell und flexibel er mit WUF* ist.
*WUF: Das Wunderbare Unternehmen, für das ich mit Freuden arbeite!

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Christian Goßler

Account Advisor

Christian Goßler unterstützt als Account Advisor Industrieunternehmen bei der Nutzung von Datenanalyse und Künstlicher Intelligenz.

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