Ich erinnere mich noch lebhaft an meine ersten Kurse im Management-Studium, in denen wir die Wichtigkeit von Planung und Controlling diskutiert haben. Was immer wieder zur Sprache kam: die Verifizierbarkeit oder Messbarkeit von Zielen. IQ oder EQ sind nur zwei Beispiele, wie weit das Bedürfnis nach Quantifizierung geht – selbst bei per se nicht messbaren Dingen wie Gefühlen.
Attributionsanalyse ist lediglich eine weitere Ausprägung, die sich auf die Quantifizierung von Marketingaktivitäten bezieht. Sie dient dem Chief Marketing Officer (CMO) dazu, das Marketingbudget auf aussichtsreichste Initiative zu fokussieren. Im Kampf um dieses Budget ist die präzise Angabe entscheidend, wie „effektiv“ und „erfolgskritisch“ eine spezielle Maßnahme für Umsatzsteigerungen oder strategische Ziele ist. Zwar ist allgemein bekannt, dass Aktivitäten in Sachen Brand Awareness auch das Direktmarketing unterstützen, doch es ist sehr schwierig, das Ausmaß dieses positiven Effektes mit einer „verifizierbaren“ Zahl zu belegen.
Für eine effektive Marketingmessung und -attribution bietet sich ein dreistufiger Ansatz an.
- „Design to collect“: ein operatives Framework aufsetzen, um die erforderlichen Daten für die Messung zu sammeln
- „Collect to measure“: Sammeln der Daten
- „Measure to improve”: anhand der gesammelten Daten wissenschaftlich messen, wie effektiv Maßnahmen sind
Nochmals zu einem Basisprinzip des Managements: Planung und Kontrolle. Effektive Attributionsanalyse beginnt schon mit der Planung und dem Design der Marketingaktivitäten. Leichter gesagt als getan – insbesondere, wenn One-to-many-Marketing involviert ist. Direkte Attributionsparameter lassen sich über digitale Kanäle zwar leicht erheben, zur nicht ganz so trivialen Aufgabe wird es für indirekte oder Massenkommunikation wie Plakatwerbung, TV oder Print.
Design to collect
Um die Konversion für einen Print- versus einen Online-Katalog zu messen, muss die Quelle, über die der Käufer kommt, anhand des Designs eindeutig identifizierbar sein. Dabei ist es unbedingt erforderlich, beim Design der möglichen Aktivitäten bereits zu berücksichtigen, was genau gemessen werden soll.
Genauso wichtig: dabei kanalübergreifende Aktivitäten zu integrieren. Denn Verbraucher wechseln durchaus zwischen den verschiedenen Kanälen und schauen erst im Printkatalog, um dann über eine App online zu kaufen. Im besten Fall sollten diese Aktivitäten so designt sein, dass sie für den Käufer Hand in Hand gehen. Das kann allerdings zu Unschärfen bei der Zuordnung bestimmter Aktivitäten zu einer Konversion führen. Und hier kommen wir zum Konzept der „Customer Journey“: einer Abfolge von Aktivitätssequenzen, die das Kundenverhalten in eine bestimmte Richtung bringen sollen.
Analytics ist essenziell für das Design dieser Aktivitäten, denn sie hilft, von vornherein das im Auge zu behalten, was am Schluss tatsächlich gemessen werden soll. Das heißt, man muss im ersten Schritt bereits den dritten antizipieren. Vanity-URLs in Kombination mit einer Vielzahl von numerischen Zusätzen zur Individualisierung können dabei helfen, bringen aber unter Umständen einige Nachteile mit sich wie Extrakosten für die Registrierung verschiedener Nummern oder den Verlust an Einfachheit und „Catchiness“.
Dank digitaler Innovation ist es heutzutage nicht mehr schwierig, Parameter über den digitalen Kanal für Direktmarketing zu sammeln. Software und Plattformen erfassen diese Parameter schon als „Out-of-the box“-Funktionalität.
Collect to measure
Bei einem effektiven Design wird der zweite Schritt (das Sammeln) eine recht einfache und rein operative Aufgabe, denn es gilt lediglich, die im ersten Schritt strukturierte Tabelle mit Daten zu befüllen. Aber auch das läuft nicht immer wie gewünscht: Oft ist das Design nicht so präzise, wie es sein sollte, was auch daran liegt, dass sich Prioritäten und Marktbedingungen ständig ändern. Somit ist eine kontinuierliche Anpassung notwendig – und dafür ist wiederum die Granularität der gesammelten Daten eine Grundvoraussetzung.
Eine weitere wichtige Frage im Zusammenhang mit dem Design- und Collect-Prozess ist die „Time to Market“. Idealerweise sollte die Zeit bis zur operativen Nutzung möglichst gering sein, also ein schnelles Design auf Basis der Geschäftsziele erstellt werden und eine sofortige Umsetzung (Deploy) erfolgen. (https://www.sas.com/sv_se/customers/ica-banken.html)
Measure to improve
Hier kommen wir zu dem Puzzlestück, das in den vergangenen Jahren gründlich untersucht wurde und sich signifikant weiterentwickelt hat. Herkömmliche Methoden wie „First-Touch“- oder „Last-Touch“-Attribution stellen den modernen Marketer in lukrativer Hinsicht nicht mehr zufrieden. Heute lassen sich auch zusätzlich Algorithmen, die auf künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning basieren, für Attributionsanalyse nutzen. Dank Weiterentwicklung von Technologie, Speicherkapazitäten und Verarbeitungsgeschwindigkeit gibt es praktisch keine Grenzen mehr. Und der Einsatz von Algorithmen ist insofern zeitgemäß, als sich Kundenerwartungen immer schneller verändern und der Wettbewerbsdruck immer höher wird. Jede zusätzliche Erkenntnis, die dabei hilft, den Customer-Engagement-Prozess neu auszurichten, sollte daher genutzt werden. Zur Attributionsmessung hat mein Kollege Suneel Grover einige interessante Blogbeiträge veröffentlicht.
Der beschriebene dreistufige Ansatz sollte nicht zuletzt den Prinzipien der Agilität folgen und die Time to Market unterstützen. Ich würde dies „EMAP – Effective Marketing Attribution Principles“ nennen, die folgendermaßen beschrieben werden können:
- Flexibilität, um Aktivitäten und Messmetriken anzupassen,
- Flexibilität, um Messung und Analyse rückwirkend zu erweitern,
- Zyklen und Laufzeiten sehr kurz halten, so dass eine schnelle Reaktion anhand des jeweiligen Analyseergebnisses möglich ist.
Testen und Lernen erfordern ebenfalls eine gewisse Schnelligkeit im Design und der Ausführung von Marketingmaßnahmen, auch wenn sie nicht wirklich als Attributionsanalyse kategorisiert werden können. Bisher ist man davon ausgegangen, dass alle über die Basismessung hinausgehenden Methoden zu einer Verzögerung führen. Doch das hat sich inzwischen mit den technologischen Fortschritten der vergangenen Jahre grundsätzlich geändert. Marketer sind heute in der Lage, Daten detailliert und differenziert zu analysieren – und das auch noch schnell. Mit diesen neuen analytischen Möglichkeiten liegt der Ball bei der Marketingabteilung, nicht mehr bei der IT. Erst Analytics schafft die Voraussetzung, um die vorhandenen Technologien sinnvoll zu nutzen und automatisierte Messungen durchzuführen. Darüber hinaus sollten die auf die Ergebnisse abgestimmten Aktionen automatisiert werden, zum Beispiel, wenn es um die Wahl der effektivsten Variante eines Inhalts oder einer Nachricht geht.
Attributionsanalyse in der Customer Journey
Dieses Thema wäre einen eigenen Blogbeitrag wert. Auch der beschriebene Zyklus ist nicht notwendigerweise auf einen einzigen Marketingkanal begrenzt; eine echte Customer Journey über mehrere Kanäle und Aktivitäten hinweg stellt jedoch erneut sehr viel komplexere Anforderungen an die Attributionsanalyse. Darauf werde ich in einem weiteren Beitrag eingehen.