Die Demokratisierung von Analytics ist daran zu erkennen, wer sich damit beschäftigt. SAS macht seit 40 Jahren statistische Analysen (wenn auch am Anfang noch ohne „Big Data“) und hatte schon Algorithmen für Machine Learning im Portfolio, lange bevor dies zum Buzzword wurde.
Haben wir noch vor einigen Jahren vorwiegend mit Spezialisten (Mathematiker, Statistiker, jetzt: Data Scientists) gesprochen, steht heute das „Business“ deutlich im Vordergrund. Fachabteilungen wollen wissen, wie sie KI und maschinelles Lernen nutzen können, um Wettbewerbsvorteile zu realisieren – oder sich schlicht vom Wettbewerb nicht abhängen zu lassen. Viele komplexe Technologien, neue Methoden und Anwendungen, neue Schläuche für nicht ganz so neuen Wein und nicht zuletzt ein gehöriges Maß Mythos vernebeln dabei nicht selten die Sicht.
Was mit maschinellem Lernen möglich ist, hat SAS mit dem Projekt „Paradise Found“ gezeigt. Wie, das habe ich bereits in einem früheren Blogpost erläutert. Machine Learning (als KI-Methode) zum „Anfassen“ gab es dann Ende November bei der Paradise-Found-Roadshow – leider nicht in West Perth, aber immerhin in verschiedenen schönen Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Ein ganz normales Analytics-Projekt“, so mein Kollege Thomas Rohrmann. Und ein gutes Exempel, wie Data Scientists und Fachabteilungen effizient zusammenarbeiten können. Weitere Roadshow-Termine gibt auch wieder dieses Jahr im März 2018 in 4 Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Wenn der Algorithmus komponiert …
Überrascht war das Publikum der Roadshow davon, was Machine Learning heute schon kann: AIVA (Artificial Intelligence Virtual Artist) generiert ganze klassische Musikstücke per Algorithmus, die App Replika kopiert Verhaltensmuster eines Freundes, der Kelly-Burger-Roboter brät Pattys, erkennt, wann sie fertig sind und entwickelt sogar neue Rezepte. Das sind sicher medienwirksame Beispiele.
Im geschäftlichen Alltag ziehen sich die Anwendungsbeispiele durch sämtliche Branchen und Fachbereiche: Kundensegmentierung, Betrugserkennung, Risikobewertung, Prognose von Kündigungen oder Cybersecurity sind nur einige Beispiele. Gibt es schon lange? Stimmt, aber die neuen Methoden und Herangehensweisen und jede Menge bislang ungenutzter Daten liefern oftmals bessere Ergebnisse. Diese Modellierungs- und Erkenntnisphase („Discovery“) ist eine Domäne der Data Scientists, die neue Möglichkeiten für die Datenanalyse mit ihrem Anwendungswissen kombinieren.
Damit nicht genug: Aus den neuen Möglichkeiten entstehen neue Use Cases: proaktives Gesundheitsmanagement statt Krankenversicherung, automatische Schadensabwicklung bei Versicherungen per Bildanalyse, prädiktive Wartung. Hört sich alles toll an, die Gretchenfrage lautet jedoch immer noch: Wie lässt sich mit Machine Learning Geld verdienen?
Von der Erkenntnis in die Produktion
Grundvoraussetzung ist: Unternehmen müssen Analytics in die Geschäftsprozesse integrieren, statt die Analyseergebnisse nur in PowerPoint-Präsentationen oder Scoring-Tabellen aufzubereiten. Das erfordert eine Überführung der analytischen Modelle in operative Prozesse („Deployment“). Analytics muss mit Geschäftsregeln verknüpft werden, so dass letztlich maschinelles Lernen auch zu Entscheidungen führt. Diese Übung macht nur dann Sinn, wenn sich auch ganze Arbeitsabläufe verändern: Automatisierung von Entscheidungen setzt ein grundsätzliches Umdenken voraus. Das zeigt sich sehr schön am Beispiel der prädiktiven Wartung: Am Ende muss ein Wartungsmitarbeiter Werkzeuge und Ersatzteile in den Wagen packen und aufgrund von Wahrscheinlichkeiten den Austausch eines Maschinenteils einplanen, das noch gar nicht defekt ist. Dies erfordern Buy-In aller Prozessbeteiligten und Entscheider.
Und genau hier hakt es oft noch. Denn eine McKinsey-Studie zeigt, dass die mangelnde Bereitschaft und/oder Kompetenz, Geschäftsprozesse zu ändern, den Erfolg von Datenanalyseinitiativen verhindern. 38 Prozent der befragten Unternehmen sind nicht in der Lage, Analytics-Lösungen in ihren Workflow zu integrieren, 26 Prozent fehlt es an einer klaren Strategie. Viele Unternehmen scheitern, weil der Übergang von Discovery zu Deployment zu lange dauert.
Benötigt wird eine Analytics-Plattform wie SAS Viya, die den gesamten analytischen Life Cycle abbildet – von Data über Discovery bis hin zu Deployment. Und die die Kommunikation zwischen Data Scientists, Fachbereich und Management erleichtert. Die die die nötige Offenheit mitbringt, Analysen per Internet/mobilem Endgerät bereitzustellen und zu teilen. Die Open-Source einbindet und Zugriff von offenen APIs ermöglicht..
Die Frage, wie Technologie und Business zusammen funktionieren, beschäftigte auch die Zuhörer bei der Roadshow. „Welche Struktur ist am besten für die Zusammenarbeit zwischen Data Scientists und fachlichen Experten geeignet?“, fragte beispielsweise ein Teilnehmer. „Community of Practice“ hat sich als ein virtuelles Format zum Austausch bewährt. Letztlich hat jedoch jedes Unternehmen ganz unterschiedliche Interessen und muss für sich entscheiden, welche Kommunikationsform die beste ist.
Ein konkretes Beispiel, in dem die Zusammenarbeit auf die Bewährungsprobe gestellt wird, ist das Thema datenschutzkonforme Datenaufbereitung, dem sich mein Kollege Rainer Sternecker im zweiten Teil der halbtägigen Veranstaltung widmete.
Ach, und übrigens: Mein persönliches „Paradies“ ist Bochum (und das hat nicht etwa Machine Learning herausgefunden ;-).