Die Welt zu retten wird immer einfacher. Man muss nur ein guter Data Scientist sein und eine tolle Idee haben – ideal wäre ein Studium in Wirtschaftsingenieurwesen oder Datenwissenschaften und schon kann die Rettung beginnen. Data4Good heißt das im IT-Fachjargon, also Daten für gute Taten miteinander kombinieren, um tolle Sachen für Menschen zu machen.
Ingmar Wolff und sein Partner haben sich den Bereich Landwirtschaft ausgesucht, um genau das mit ihrem Start-up helioPas AI zu tun: Den Hunger dieser Welt mit künstlicher Intelligenz angehen. Traumtänzerei? Vielleicht ein bisschen, aber von Vidya Munde-Müller und ihrem Start-up Givetastic wissen wir ja, dass viele Träume in Erfüllung gehen können. HelioPas AI zumindest beginnen erst mal klein in Deutschland, dann Europa und dann die ganze Welt.
Ingmars Großvater war Landwirt. Seine Begeisterung für Ernährung ist ihm also in die Wiege gelegt worden. Die Idee der beiden hat uns begeistert, um mehr über sie zu erfahren. Übrigens: Als Aussteller beim MFG Gastspiel in der Villa 7 bei SAS Deutschland am 19. März sind sie auch mit dabei.
HelioPas AI bastelt an Apps für Bauern. Eine für das Wasser, eine für den Boden und eine gegen Schädlinge. Mit diesen Apps bekommt ihre Zielgruppe punktgenaue Informationen über die unterschiedlichen Lagen, Gegebenheiten und Auswirkungen von allerlei Umständen draußen auf dem Feld. „Landwirte stehen unter einem sehr hohen Marktdruck, gleichzeitig entstehen mit den vielen Sensoren der Landmaschinen große Möglichkeiten von verbesserten, datengetriebenen Produktionsweisen. Dieses Momentum nutzen wir nun für sie“, sagt Ingmar.
Der Vertrieb der beiden ist auf Landwirte fokussiert, wenngleich man meinen könnte, dass auch andere Zielgruppen ihre Produkte nutzen könnten. Aber ihr Herz liegt bei den Landwirten. Dort wollen sie sie verbreiten. „Wir wollen die Landwirte vom schlechten Image des Sündenbocks befreien. Landwirte fühlen sich angegriffen von Städtern, die ihre Realität nicht verstehen. Doch wenn man sich mal überlegt, dass sie diejenigen sind, die draußen in der Natur arbeiten, um unsere Lebensmittel unter einem enormen wirtschaftlichen Druck herzustellen, bei vollkommen verzerrten Marktgegebenheiten durch Zölle und Subventionen, sollten wir zuhören und mit ihnen arbeiten, anstatt einfach nur dagegen zu sein“, erklärt Wolff.
„Unsere Apps sind schon so etwas wie Magie“, erklärt Ingmar bei weiterer Nachfrage wie sie denn zu den belastbaren Ergebnissen kommen aufgrund von Daten, die alle öffentlich oder kommerziell zugänglich sind. Klar, dass er nicht sein wertvollstes Kapital ausplaudert. Doch soviel dürfen wir verraten: Die beiden betreiben eine Daten-Kombinationsarbeit vom Feinsten. Nur diese Akribie verschafft ihnen ihr Alleinstellungsmerkmal in Sachen Analysen von Rohdaten, verfeinert durch KI-Architekturen, die sie selbst entworfen haben.
Ingmar ist überzeugt, dass Landwirte ein Stück Freiheit zurückgewinnen, wenn sie Apps von heliopas.ai einsetzen. Was macht dich da so sicher? „Wir sind durch unseren technologischen Vorsprung in der Lage, den Landwirten eine bessere Informations- und Entscheidungsgrundlage geben zu können. Damit steigen seine Handlungsmöglichkeiten. Ein Beispiel: Anstatt wie sonst prophylaktisch zu spritzen, kann er nun abwarten, ob eine Gefahr für seine Nutzpflanzen sich überhaupt erst entwickelt. Falls dies passiert, wird er durch unsere App sehr früh und feldgenau gewarnt, sodass er den Schaden schnell und lokal behandeln und ihn so klein halten kann.“
Mit HelioPas AI können die Bauern ihre Felder richtig verstehen. „Wir haben nämlich eine riesige Menge an Daten so miteinander kombiniert, um genau sagen zu können, wie es dem Boden geht, wie den Pflanzen, welchen Einfluss das Wetter oder Umwelt auf beides haben.“ Nutzt Ingmar am Ende ganz dreist einfach nur seine Leidenschaft und sein Talent aus?
So wird es wohl sein. Denn schon immer habe er Mathe geliebt und als Jugendlicher programmiert. All das trägt nun Früchte, denn nun befinde er sich in der schönen Situation, Technologien zu entwickeln, die es weltweit so gar nicht gebe. „Es gibt sehr viele Datenquellen in der Landwirtschaft, das wird oft unterschätzt. Aus der Sicht eines Datenwissenaftlers ist das ein riesiges Vergnügungsfeld und Eldorado, in dem wir tolle Produkte entwickeln und großen Nutzen stiften können.“
Seid ihr sicher, dass ihr die einzigen weltweit am Markt seid? „Natürlich gibt es viele andere Ansätze. Die Probleme werden ja heute schon gelöst, aber eben anders. Unsere Anaylsen sind jedoch in dieser Präzision einzigartig. Oder wo erfahren sie sonst feldgenau, wo wie viel Niederschlag gefallen ist?“ Ingmar berechnet dies aus Rohdaten mittels künstlicher Intelligenz, um zum Beispiel eine Bodenfeuchte zu bestimmen oder um zu sagen, wie gesund eine Pflanze auf einem bestimmten Feld ist oder für welche Frucht sich ein Feld besonders eignet. „Oder wir können aufgrund dieser KI-Ergebnisse sagen, welcher Bodentyp vorliegt: Sandig, lehmig, tonig, schluffig. All das kann man aus diesen Daten errechnen. Das ist extrem faszinierend.“
Die Datenbasis kommt aus öffentlich zugänglichen Quellen, aus zugekauften Daten und aus den Kooperationen. Da sind Daten zum Wetter, zu Wetterprognosen, von Bodenfeuchte- und Nährstoffsensoren, von Katasterämtern, Daten über Bodentypen und zu Erträgen von Agrarhändlern, aber auch EU-Subventionsdaten, Satellitendaten, Überflugdaten, Drohnendaten, Sensorendaten von Traktoren, Hechslern oder Mähdreschern drin.
App 1 heißt Waterfox. Diese liefert Gemüsegärtnern und Kartoffellandwirten auf ihr Smartphone Empfehlungen wo und wieviel sie bewässern sollten und wo nicht. Die App muss nur heruntergeladen werden. Sie arbeitet mit tagesaktuellen Daten. Wie für alle Apps sind hier keine zusätzlichen Geräte vonnöten.
App 2 liefert die feldgenaue Niederschlagsmessung. „So etwas gibt es noch nicht mal beim Deutschen Wetterdienst. Auf dem einen Feld ist es trocken, auf dem anderen regnet es. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) kann das mit seiner Technologie, die auf Punktmessungen der Wetterstationen beruht, gar nicht erfassen oder berechnen.“
App 3 bietet eine Früherkennung vor Krankheiten, Schädlingen oder wucherndem Unkraut. So kann der Landwirt einen Spritzgang oder eine Pflanzenbehandlung aussetzen oder nur auf einen Teil des Feldes anwenden. Läuft es gut, hat er Geld gespart, die Pflanzen sind gesünder und die Natur wurde weniger belastet. Geht es schief, bekommt er sehr früh Bescheid und kann den Schaden rechtzeitig eindämmen.
Fazit: Kosten, Kosten, Kosten sparen: Das ist der Vorteil für die Landwirte, insbesondere bei den Bewässerungskosten. Gerade die Energiekosten für die Pumpen würden viel Geld verschlingen. Und die Landwirte können Wasserrechte sparen. Denn seitdem nach dem Dürresommer 2018 die Grundwassernutzung für sie noch weiter eingeschränkt wurde, sind sie bestrebt, mit möglichst wenig Wasserrechten ihren Ertrag zu steigern.
„Man kann die Rechte auch aufsparen und darauf spekulieren, diese aufgesparten dann beim nächsten Dürrejahr zu nutzen. Die benötigten Einsparungen lassen sich mit unserer fortschrittlichen Technologie realisieren. Denn nur mit vielen Wasserrechten kann ein Landwirt expandieren. Da geht es gleich um zig Tausende Euro auf nur einem Hof.“
Ingmar Wolff ist in Plankstadt bei Heidelberg aufgewachsen, hat in Karlsruhe Wirtschaftsingenieurwesen studiert, hat bei innoWerft in Walldorf gearbeitet und in der Freizeit KI programmiert. Seine Doktorarbeit hat er für sein Startup abgebrochen. Angefangen mit heliopas.ai hat es auf einem Programmierwettbewerb. Seinen Mitgründer Benno Ommerborn Avino, einen studierten Informatiker, lernte er in Fachdiskussionen zu Künstlicher Intelligenz kennen und schätzen. Seit gut zwei Jahren arbeiten beide zusammen, und es dürfen gerne noch viele Erfolgreiche dazukommen.