Fühlen Sie sich bei Ihrer Versicherung online abgeholt? Am besten 24/7? Was andere Branchen und InsurTechs bereits vormachen, ist bei Versicherungen noch nicht gang und gäbe: die Digitalisierung des Geschäfts. Dabei liegen gerade bei Versicherern die perfekten Bedingungen dafür vor: viele Daten, viele Prozesse, viele Produkte und viele online-affine Kunden. Aber vor irgendetwas schrecken die Häuser noch immer zurück. Ist die Menge notwendiger Veränderungen spontan überhaupt verdaubar? Muss man Agilität erst noch lernen? Wie werden die Mitarbeiter „digital ready“? Sind gewachsene Infrastrukturen das richtige Fundament? Ich möchte mit diesem Text Licht in das Dunkel bringen und zeigen, wie eine der größten Versicherungen Europas den ersten Schritt hin zur Digitalisierung getan hat und es kaum abwarten kann, den nächsten zu tun. Damit das Beispiel Schule machen kann und übertragbar bleibt, werde ich den Namen der Versicherung nicht nennen.
Womit haben Sie begonnen in Ihrem Haus?
Wir setzen eine Visualisierungssoftware ein, um zu ermitteln, wie das Nutzungsverhalten unserer Online-Besucher ist und wie sich dies dann auf unser Versicherungsgeschäft auswirkt.
Sie wollten also Ihr Online-Kennzahlen-Reporting modernisieren?
Richtig, das war dringend nötig, um die weiteren Schritte in Sachen Digitalisierung gehen zu können.
Das Online-Geschäft hat auch für Versicherungen an Bedeutung gewonnen, kann man das so sagen?
Es hat sogar einen zentralen Platz in unserer Strategie. Unser bisheriges Reporting war mit hohem manuellem Aufwand verbunden. Bis das erstellt und verteilt war, verging viel Zeit, und viele Leute waren gebunden. Es war inhaltlich sehr statisch und das Ergebnis meist extrem oberflächlich.
Verstehe, Sie wollten also die Erstellungsprozesse automatisieren und inhaltlich einen deutlichen Schritt nach vorne machen?
Genau, das war unser Ziel.
Was war das Wichtigste bei der Umsetzung?
Das sind im Wesentlichen drei Dinge. Einmal die Automatisierung der Datenbewirtschaftung, denn wir wollten Fehler vermeiden, um Ressourcen zu schonen. Dann sollten alle relevanten Datenquellen direkt angebunden werden, um alle fachlich relevanten Fragestellungen beantworten zu können. Und schließlich dynamische Berichte, um auf neue Anforderungen flexibel reagieren zu können.
Das hört sich nach Self-Service-Reporting bei einer Versicherung an, sehr innovativ!
Das ist richtig.
Ich kann mir vorstellen, dass die Mitarbeiter auf ganz neue Anforderungen stoßen?
Ja, denn sie müssen Verständnis für Datenquellen haben, sowohl technisch als auch fachlich. Und natürlich eine gewisse Vorstellungskraft für das, was mit dem Tool möglich ist. Hilfreich dabei ist auch eine gewisse Empathie für denjenigen, für den der Bericht gemacht wird. Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.
Welche Rolle spielte dabei die Infrastruktur?
Es war für uns von Vorteil, dass wir das Reporting auf einer gut funktionierenden und bereits etablierten Infrastruktur aufbauen konnten. Es wäre ungleich schwieriger geworden, wenn wir die Integrationsfragen mit diesem Projekt zusammen hätten lösen müssen. Außerdem haben wir uns nie mit der Tool-Frage auseinandergesetzt, da wir auf ein leistungsstarkes, bereits eingeführtes Tool aufsetzen konnten. Auch wäre eine etwaige Budgetdiskussion wahrscheinlich eher nachteilig für das schnelle Fortschreiten gewesen.
Der Prototyp stand demnach recht schnell?
Ja, das ist richtig. Wir konnten sehr schnell einen funktionierenden Prototypen mit echten Daten aufbauen, um so den Umgang mit dem Tool zu lernen und für Aha-Effekte bei den Berichtsempfängern zu sorgen.
Wie kommt Ihr neues System denn jetzt intern an?
Sehr gut, denn es hat diverse Excel-Reports abgelöst und stellt erstmalig Daten des Versicherungskonzerns inklusive der Töchter gemeinsam im selben Format dar. Diverse Führungskräfte und Projektmitarbeiter haben sich den Zugang zu dem Tool geben lassen und beteiligen sich sogar an der Weiterentwicklung. Das freut uns sehr.
Wie hat sich denn die Arbeit mit Daten durch das dynamische Reporting verändert?
Die wesentlich ansprechendere Aufbereitung der Daten und die Steigerung des Informationsgehalts führen dazu, dass sich viele Personen im Projekt intensiver mit den Daten beschäftigen und weiterführende Fragen stellen. Das ist ein prima Erkenntnisgewinn. Auch die Prozesse sind agiler geworden. Die Erstellung und Veränderung von Berichten ist deutlich dynamischer geworden. Individuelle Anfragen können jetzt sehr zügig beantwortet werden.
Und wie geht es weiter?
Im Online-Business unseres Mutterhauses und der Töchter wird die Reporting-Landschaft sukzessive modernisiert. Dabei werden die Kompetenzen in Bezug auf Datenbewirtschaftung und Report-Aufbau begleitend ausgebaut. Für die inhaltliche Weiterentwicklung stehen wir im engen Austausch mit den Fachleuten und Themenverantwortlichen.
Also nicht mehr „nur Reporting“, sondern echte Analysen?
Ja, wir glauben, dass wir viel stärker analytisch unterstützen und damit die fachliche Weiterentwicklung der Online-Prozesse aktiv mitgestalten können.
Gibt es andere Abteilungen, die auf den Zug aufgesprungen sind?
Oh ja! Im Unternehmen stellen jetzt mehrere Abteilungen ihr Reporting um oder bauen neue Reportings darauf auf.
Danke für das Gespräch!