Versicherungs-Start-ups - Machen Sie es wie die Sopranos!!!!!

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Versicherungen sind konservativ und das nicht ohne Grund. Schließlich ist es das Geschäft mit der Sicherheit, die dem Deutschen ja angeblich so wichtig ist. Die Unternehmen der Branche müssen besonders hohe Anforderung an Solvabilität erfüllen und sichern sich auch für Katastrophenszenarien untereinander und mit den Rückversicherern in einem Vertragsgeflecht ab. Also: Versicherungs-Start-ups - Machen Sie es wie die Sopranos.

Wo bleibt hier der Raum für neue Player in der Versicherungswelt? Schwierig wird das allemal, denn die Zugangsvoraussetzung, eine eigene Versicherungssparte zu gründen sind extrem hoch. Neben dem Garantiefond muss auch nachgewiesen werden, dass das Unternehmen organisatorisch gut aufgestellt ist und auf wirtschaftlich sicherem Grund steht. Summa summarum wären hier bereits für eine Sparte mehrere Millionen Euro zu berappen. Kurz gesagt: Startup ade! Außer man macht es wie die Sopranos

“…zuerst musst du mehrere Typen finden die gut gebaut sind, am besten Türsteher. Dann suchst du dir eine Straße aus, am besten eine Straße mit kleinen Läden. Du gehst in die Läden rein und erklärst die Rahmenbedingungen: Entweder sie zahlen die Versicherungsgebühr oder deine Versicherung wird dafür sorgen, dass der Laden nicht mehr so gut läuft.”

OK, Spaß beiseite: Tatsächlich ist es einfacher über die Vertriebsseite in die Versicherungsindustrie einzusteigen, als den Versuch zu unternehmen, selbst einen Risikoträger zu gründen.

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Ein innovatives Konzept, auf das ich aufmerksam wurde, ist Friendsurance.

Exkurs: Der erste Versicherungsvertrag wurde wahrscheinlich vor hunderttausenden von Jahren an einem Lagerfeuer abgeschlossen, als der eine aufgepasst hat, dass der Säbelzahntiger nicht kommt, während der andere schlief. Die erste gewerbliche Versicherung datiert auf das 14. Jahrhundert und sicherte mit Darlehen Handelsschiffe in Venedig ab. Dabei ging die Besatzung der Schiffe das Risiko ein, welches die Seefahrt mit sich bringt, und der venezianische Kaufmann übernahm das volle wirtschaftliche Risiko, sollte dem Schiff oder der Ladung etwas passieren. Ende des 19. Jahrhunderts formte Carl von Thieme maßgeblich die Branche, wie wir sie heute kennen. Der Mitbegründer der Munich Re und der Allianz manifestierte die Regeln und Grundsätze des modernen Versicherungsprinzips und der Risikostreuung. Die mathematische Idee, Risiken auf viele Schultern zu verteilen und inhaltlich sowie geografisch möglichst breit zu fächern bringt aber auch viel Anonymität mit sich.

Die daraus resultierenden Probleme der Branche mit Versicherungsbetrug und teils mangelnden präventivem Verhalten der Kunden macht sich friendsurance zunutze, um ein bestimmtes Kundensegment zu besetzen.

Das friendsurance Prinzip ist dabei denkbar einfach:

 

So schließt also friendsurance, die rechtlich als Versicherungsmakler auftreten, spezielle Versicherungstarife für seine Kunden ab. Diese haben einen hohen Selbstbehalt im Schadenfall. Die Kunden, die sich zu Netzwerken zusammenschließen, zahlen einen Differenzbeitrag an friendsurance. Dieser Beitrag plus der Beitrag des günstigeren Tarifs mit Selbstbehalt ergibt exakt die Prämie, die der Kunde bei der Versicherung für das Standardprodukt ohne Selbstbehalt zahlen würde. Durch den Beitrag an friendsurance werden folgende Kosten abgedeckt:

  • Sammeltopf für den Selbstbehalt (sollte es einen Schaden im Netzwerk geben)
  • Rückversicherungsbeitrag (bei mehr als einem pro Netzwerk tritt die Rückversicherung für den Sebstbehalt ein)
  • Maklerprovision für friendsurance

Tritt kein Schadensfall innerhalb des Netzwerks ein, gibt es jährlich einen Schadensfreiheitsbonus, sprich: Geld zurück!

Resultat dieses Geschäftskonzepts ist laut eigener Aussage von friendsurance eine extrem niedrige Schadenquote in Ihrem Bestand, denn die Kunden sind nun nicht mehr als anonyme Einzelpersonen bei der großen Versicherungsgesellschaft abgesichert, sondern in einem sozialen Netzwerk, das meist aus Freunden und Verwanden besteht. Jeder Schaden wird auf der Website dem Netzwerk bekannt gegeben, mit dem Hinweiß, bei welchem Netzwerker dieser eingetreten ist.

Das war es dann also mit der Anaonymität, was in den Worten von friendsurance für viel Fairness beim Thema Versicherung sorgt:

Aktuell wächst friendsurance stetig und bietet Hausrat-, Haftpflicht-, Rechtsschutz-, sowie Handy- und weitere Elektronikversicherungen an.

Friendsurance adaptiert das Verhalten einer bestimmten Kundegruppe auf geniale Weise und ist so zu einem sehr erfolgreichen Player geworden der eine klare Nische besetzt hat. Diese Entwicklung ist bezeichnend dafür, welche Chancen die Veränderung des Kundenverhaltens in der digitalen Welt für das Versicherungsumfeldes birgt. Denkbar werden in Zukunft sicherleich noch viele weitere Ansätze und Geschäftsmodelle, vor allem wenn das Internet of Things Gegenstand unseres Lebens wird. In Zusammenarbeit mit SAS hat KPMG hierzu in der Studie Das Omnichannel-Management der Zukunft berichtet und Ideen gegeben.

So, und was nun? Müssen sich die Großen jetzt fürchten, oder ist das nur ein absoluter Exot, der den Hinweis benötigt: Bitte nicht nacharmen? Gibt es hier weitere Nischen, in welchen sich Newbies am Markt einnisten könnten? …ich bin gespannt auf Ihre Kommentare!

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About Author

Jakobus Dorloff

Solutions Architect

Jakobus Dorloff ist Solutions Architect im Center of Excellence für Customer Intelligence bei SAS. Nach der Ausbildung zum Versicherungskaufmann machte er den Master in Business Informatics um anschließend als Experte im analytischen CRM bei der AXA einzusteigen. Dort sammelte er über 5 Jahre viel Erfahrung und Know How beim Kampagnenmanagement in einer komplexen Multikanalwelt und setzte analytische Methoden zur Optimierung der Marketingprozesse ein. Sein Schwerpunkt bei SAS ist die Unterstützung bei der Transformation des Marketings in eine von Big Data und Digitalisierung geprägte Welt. Denn hier ist es entscheidend die modernen SAS Technologien richtig einzubinden um eine Digitalisierungsstrategie für das eigene Geschäft Modell erfolgreich umzusetzen.

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