Fjord-Kreuzfahrt ohne Fjorde – ad hoc Analytics für taktische CRM-Entscheidungen kann Leben retten

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Norwegen-Kreuzfahrten befriedigen recht homogene Urlaubsbedürfnisse. Nicht selten werden diese offensiv nach außen getragen: Die Dichte an hochwertigen DSLR-Kameras und großen Teleobjektiven spricht dazu ihre eigene Sprache. Es handelt sich daher um keine wackelige Hypothese, dass für ein großes Urlaubersegment ambitionierte Aufnahmen der Fjordlandschaften ein Kernbedürfnis darstellen (s. Beweisstück A).

Norway Landscape panorama with ocean and mountain - Lofoten
Beweisstück A: Norwegische Fjordlandschaft im Sonnenuntergang

Wird diesem Segment von jetzt auf gleich die Chance auf die Befriedigung dieses Bedürfnisses genommen, z.B. durch eine Schlechtwetterlage und 11 Meter hohe Wellen, die anstelle des Schiffs in den Fjord drängen, dann klaffen erwartete und tatsächliche Urlaubserlebnisse schnell auseinander. Abweichungen zwischen erwarteten und tatsächlichen Erlebnissen (Soll vs. Ist) sind bekannte Treiber der Kundenzufriedenheit. Dazu muss man noch wissen: Änderungen der Kundenzufriedenheit äußern sich je nach kulturellem Wertesystem, Erfahrungen und Einstellungen der Urlauber unterschiedlich. Der eine Urlauber ärgert und beschwert sich schriftlich am „Customer Relations Desk“. Ein anderer Urlauber erhebt die Stimme direkt am „Excursion Desk“, so dass schon mal die Schiffs-Security zu Hilfe gerufen wird.

Insofern ist der Titel dieses Blogbeitrags zwar im Sinne einer gewissen Effekthascherei mit Absicht überspitzt gewählt, gleichzeitig jedoch nicht völlig abwegig.

Customer Experience Management im Tiefdruckgebiet

Kreuzfahrten sind Paradebeispiele für Anwendungsfelder des sogenannten „Customer Experience Management“.

  • Es gibt sehr viele Kunden-/Serviceinteraktionen in einem relativ kurzen Zeitraum.
  • Es herrscht ein eher hochpreisiges Urlaubssetting und somit eine hohe Aufmerksamkeitsspanne des Urlaubers, was die qualitative Erfüllung erwarteter Serviceaspekte der Reise angeht.
  • Ein selbstbestimmter Abbruch des Urlaubs oder ein Wahrnehmen von Alternativen ist schwer möglich bzw. dann noch einmal richtig kostspielig.

Ergo, eine Kreuzfahrt bietet viel Potential. Sie birgt aber auch viel Risiko mit Blick auf die Ausgestaltung profitabler langfristiger Kundenbeziehungen im „Customer Experience Management“. [1]

Grundsätzlich ist dabei zwischen strategischen und taktischen (also eher operativen) Anwendungsfällen zu differenzieren.

Strategischer Blick auf die Kundenbeziehungen an Bord

Strategisch gesehen handelt es sich bei Kundenbeziehungen um immaterielle Vermögensgegenstände  für den Kreuzschifffahrtsanbieter. Kundenbeziehungen müssen somit als bedeutsame Assets im Rahmen des „Customer Experience Managements“ gemanaged werden. Eine monetäre Bewertung von Kundenbeziehungen sollte stets eine strategische Steuerungsgröße im Kundenmanagement darstellen, als solche auch gemessen und in Form von  Daten vorgehalten werden. D.h. Kunden, die bereits auf ihrer 5. Kreuzfahrt beim gleichen Anbieter sind, und vielleicht auch noch regelmäßig die teuersten Exkursionen buchen, haben einen höheren „Customer Lifetime Value“. Sie sollten grundsätzlich anders gemanaged werden, denn sie nehmen Services anders als Erstbucher wahr und verhalten sich anders.

Von diesen grundsätzlichen strategischen Überlegungen sind die ad-hoc auftretenden operativen Fragestellungen im „Customer Experience Management“ zu differenzieren. Es kommt gerade auf einem Kreuzfahrtschiff häufig zu notwendigen taktischen, d.h. kurzfristigen Entscheidungen mit Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit (z.B. bei einer notwendigen Kursänderung aufgrund einer Schlechtwetterlage). Eine negative (positive) Kundenzufriedenheit führt zu einer geringen (hohen) Wiederbuchungswahrscheinlichkeit und hat somit einen direkten Einfluss auf den „Customer Lifetime Value“.

Die folgende Abbildung beschreibt einen schematischen Zusammenhang zwischen kumulierter Serviceerfahrung und Kundenzufriedenheit für verschiedene Wahrnehmungstypen von Kunden.

KundenzufriedenheitEin Kunde, der sich beispielsweise gemäß der roten Linie verhält, reagiert sehr drastisch auf kumulierte Serviceerfahrungen mit negativem Vorzeichen und erreicht im negativen Bereich sehr schnell den Entschluss, nie wieder zu buchen. Kumulieren sich für diesen Kunden die Serviceerlebnisse auf einen positiven Wert, so gibt es einen Sattelpunkt mit keinerlei Änderungen der Kundenzufriedenheit – weitere positive Erfahrungen führen dann jedoch deutlich schneller zur Buchung einer Anschlusskreuzfahrt als bei Kunden, die sich gemäß der andersfarbigen Verläufe verhalten. [2]

Kundenzufriedenheit ist ein kumulatives Konstrukt, d.h. mehrere zeitlich aufeinander folgende Serviceerfahrungen werden im Aggregat und nicht isoliert betrachtet. Kommt es an Bord zu zwei negativen Erfahrungen, dann stützt sich der Zufriedenheitseffekt der zweiten Erfahrung auch auf die Abweichung von erwarteter und tatsächlicher Servicequalität der ersten Erfahrung. Die Entwicklung der Kundenzufriedenheit hat quasi „ein Gedächtnis und vergisst nichts“. Gerade an Bord eines Kreuzfahrtschiffes mit der inhärent hohen Taktung von Serviceerfahrungen ist demzufolge ein schnelles (kundenwertorientiertes) Reagieren bzw. ein funktionierendes Beschwerdemanagement von großer Bedeutung.

Grau is alle Theorie – entscheidend is auf'm Platz

Genug zur theoretischen Motivation, sich an einem Kreuzfahrtschiff analytisch, strategisch und taktisch mit „Customer Experience Management“ auseinanderzusetzen. Im Kontext der 11 Meter hohen Wellen und einer kurzfristiger Absage der einzigen zwei Fjord-Highlights jeweils am Vorabend spielen die taktischen Aspekte die größere Rolle. Auch Analytics kann kein Tiefdruckgebiet verschwinden lassen und führt auch im Zweifel nicht dazu, dass sich kein Gast lautstark über die Reduktion einer Fjord-Kreuzfahrt zu einem skandinavischen Städtetrip beschwert. Was allerdings antizipiert werden kann ist, wie viele Gäste negativ auf die Organisation einer „Ersatz-Fjord-Exkursion“ reagieren werden, die bereits nach 10 Minuten ausverkauft sein soll. Als verstärkendes Element herrschte an diesem Tag – trotz im Jahresmittel 242 Regentagen – ein blauer Himmel und Sonnenschein. Dies ist gerade für das Segment der DSLR-Kamera-Freunde ein nicht zu vernachlässigender Aspekt. Viele Gäste finden sich von jetzt auf gleich in der „nie wieder-Zone“ der obigen Abbildung wieder und reagieren ungehalten. Aber wie kann ad-hoc Analytics nun „Leben retten“?

Die Buchungsdaten zu den zwei geplanten und ausgefallenen Fjord-Exkursionen liegen bereits vor und diese könnten zusätzlich mit dem Buchungsdatum und weiteren CRM-Stammdaten – wie beispielsweise dem „Customer Lifetime Value“ – angereichert werden.

  • Welche Kunden haben die umfangreichsten Fjord-Exkursionen zu einem sehr frühen Zeitpunkt gebucht?
  • Welche Kunden besitzen grundsätzlich einen hohen „Customer Lifetime Value“?
  • Welche Kunden befinden sich in der kritischen Schnittmenge „hoher Customer Lifetime Value bei Buchung der teuersten Fjord-Exkursionen unmittelbar nach der Einschiffung“?

Neben einem guten Schätzer und Priorisierungshinweisen für notwendige Kapazitäten der ungeplanten Fjord-Exkursion, könnte man sehr schnell diejenigen Kunden identifizieren, denen man bevorzugte Buchungsmöglichkeiten oder sogar Preisvorteile personalisiert auf die Kabine zukommen lassen sollte. D.h. analytische Insights können konkrete Prozesse/Reaktionen an Bord auslösen, die unmittelbar auf eine positive „Customer Experience“ einzahlen.

OsloDass solche Maßnahmen auch operativ eingesetzt werden können, bedingt einer leichten Zugänglichkeit von ad-hoc auftretenden analytischen Fragestellungen sowie einer entsprechenden Datenbasis. SAS Visual Analytics eröffnet solche Auswertungsmöglichkeiten auch für User, die keine analytische Vorbildung haben. Intuitives Datenhandling in Form einer Drag-and-Drop-Exploration aber auch vordefinierte Reports ermöglichen eine leichte organisatorische Einbettung in operativen Entscheidungssituationen. SAS Visual Analytics auf dem iPad liefert unkompliziert mobile BI und Analytics für „Customer Experience Management-Prozesse“, die gerade auf einem Kreuzfahrtschiff eine große Rolle spielen. Machen Sie selbst Ihre Erfahrungen und probieren Sie SAS Visual Analytics oder buchen Sie noch heute Ihre Norwegen-Kreuzfahrt.

 


[1] Dieser Blogbeitrag hat explizit keinen Anspruch auf eine umfassende Sicht auf Kosten- und Erlöstreiber von Kreuzfahrten. Beim „Customer Experience Management“ bzw. dem Fokus auf Kundenzufriedenheit handelt es sich um einen kleinen Ausschnitt auf der Erlösseite dessen finanzielle Bedeutung nicht abschließend gewürdigt werden kann. Beispielsweise werden kapazitätsgesteuerte Verkaufsprozesse sowie das Management von operativen Kosten an Board mit hoher Wahrscheinlichkeit von größerer Tragweite für das Kreuzfahrtunternehmen sein.

[2] Die grafischen Verläufe können sich durchaus im negativen und positiven Wahrnehmungsbereich unterscheiden, ganz unterschiedliche Verläufe haben und stellen lediglich eine schematische Darstellung des Zusammenhangs dar.

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About Author

Dr. Michael Jungbluth

Program Manager CI Analytics Lead

Dr. Michael Jungbluth ist als Program Manager CI Analytics Lead verantwortlich für analytische Fragestellungen rund um das Thema Customer Intelligence Delivery im Bereich Professional Services DACH des SAS Institutes. Er ist Spezialist für analytisches CRM mit Branchenfokus Handel und Dienstleistungen. Im Nachgang zu diversen Marktforschungs- und Beratungsprojekten im Bereich CRM war Michael Jungbluth zweieinhalb Jahre als Assistent der Geschäftsführung und Senior Consultant Consumer Insights bei der Bertelsmann AG tätig, bevor er 2012 zu SAS kam. Im Anschluss zeigte sich Michael Jungbluth bis 2015 als SAS Projektmanager und Analytics Experte für die operative Umsetzung von Customer Intelligence- und Text Mining Projekten verantwortlich.

2 Comments

  1. Michael Jungbluth on

    Hi Jacqueline,

    Danke für den Hinweis. Das ist für den Kreuzfahrtanbieter in Sachen Kundenbindung natürlich der Super GAU und auch nicht mehr "steuerbar". Daher sollte hier besser proaktiv gearbeitet werden. Analytics kann hier unterstützen.

    Gruß,
    Michael

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