Berühmte Statistiker: Johann Carl Friedrich Gauß - Spezial zum Jahr der Statistik

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Zum Jahr der Statistik 2013 stellen wir im JMP Blog jeden Monat einen einflussreichen Statistiker vor. Hier darf natürlich auch der deutsche Statistiker Johann Carl Friedrich Gauß nicht fehlen.

Gauß, von Gauß Gesellschaft Göttingen e.V.

Statistik wäre nicht, was sie heute ist, ohne Johann Carl Friedrich Gauß, der am 30. April 1777 in Braunschweig als einziger Sohn einer armen Arbeiterfamilie geboren wurde. Er starb am 21. Februar 1855 in Göttingen. Obwohl seine Eltern selbst Analphabeten waren, schickten sie ihn zur Schule und früh erwies sich sein Genie. Zum Glück erkannten seine Lehrer und später auch der Herzog von Braunschweig seine Talente und förderten seine Entwicklung. Der Mathematikhistoriker G. Waldo Dunnington nannte die von ihm verfasste Biographie „Carl Friedrich Gauss: Titan of science“ und er hat damit recht. Den so viel ist sicher: Gauß hat sich einen ewigen Platz im Olymp der Naturwissenschaften verdient.

Es wird berichtet, dass er in der Grundschule die “kleine Gaußformel” erfand, als der Lehrer der Klasse die Strafarbeit gab, alle Zahlen von 1 bis 100 zu addieren. Gauß erkannte, dass er 50 Zahlenpaare bilden konnte, die jeweils die Summe 101 ergaben, die er der Reihe nach so aufstellte: 100+1, 99+2,… So konnte er schon nach wenigen Minuten die Antwort geben: 5050. Obwohl nicht bekannt ist, ob die Geschichte tatsächlich so passierte, hat sie mich nie losgelassen. Ich beneide ihn wirklich darum, als Kind eine so einfache Lösung gefunden zu haben, auf die ich nicht einmal als Student gekommen wäre.

Nicht nur zur Entwicklung der Mathematik hat er beigetragen. Gauß hat zu einer großen Zahl unterschiedlichster Wissensgebiete Beiträge geleistet. Er forschte in Geodäsie, Geophysik, Elektrostatik, Astronomie und Optik. Zwischen 1818 und 1826 leitete er die Vermessung des Königreichs Hannover. Zur Messung langer Distanzen erfand er das Heliotrop und unter Anwendung seiner Theorien zur Lösung zahlreicher linearer Gleichungssysteme erzielte er eine bis dahin unerreichte Genauigkeit in der Landvermessung.Was ist schon normal?

Viele seiner Theorien sind unverzichtbare Bestandteile der Statistik. Numerische Annäherungsverfahren, die in statistischen Programmen weit verbreitet sind, basieren auf seinem Gesetz zur Fehlerfortpflanzung. Wie könnten wir eine lineare Regression berechnen ohne die Methode der kleinsten Quadrate? Für mich ist die faszinierendste seiner Erfindungen die Dichtefunktion der Normalverteilung. Die Funktion überdeckt alle realen Zahlen von minus unendlich bis plus unendlich. Nur durch Änderung eines einzigen Parameters kann die Kurve verschiedene Formen annehmen, dennoch ist die Fläche unter der Kurve immer 1. Verglichen mit der universellen Anwendbarkeit der Kurve ist die Funktion von überraschender Einfachheit. Schließlich ist die Summe von beliebig verteilten Zufallsvariablen wieder eine Normalverteilung, vorausgesetzt, man addiert ausreichend viele Beobachtungen. Gauß hat diese Funktion in der Praxis erfolgreich bei der Verwaltung der Witwen- und Waisenkasse der Göttinger Universität angewandt.

Gauß war ein unermüdlicher Arbeiter und Perfektionist. Er hat nie Theoreme veröffentlicht, für die er nicht einen handfesten Beweis erbringen konnte. Andere Theorien hat er nicht veröffentlicht, weil er die Auseinandersetzung scheute, die unweigerlich entstehen würde, weil er bis dahin weithin akzeptierte Wahrheiten als falsch entlarvte. Bei allem war er ein passionierter Tagebuchschreiber, so dass wesentliche Teile seiner Arbeit erst posthum veröffentlicht wurden, als man 1898 seine Tagebücher fand. Der Historiker Eric Temple Bell schätzt, dass Gauß die Entwicklung der Mathematik um 50 Jahre hätte beschleunigen können, wenn er nur seine Erkenntnisse zeitnah veröffentlicht hätte. Vielleicht sollte man in unserem atemlosen Wissenschaftsbetrieb vermehrt auch über sein Motto nachdenken „Pauper sed matura“ (Wenig, aber ausgereift).

10 D-Mark

Eine persönliche Anekdote, die eher indirekt mit Gauß zu tun hat, geht zurück in die Zeit, als noch DM-Scheine im Umlauf waren. Wenn ich mich irgendwo als Statistiker vorstellte, erntete ich die bekannten Reaktionen „Oh, das muss doch langweilig sein und theoretisch und nicht begeisternd und so weiter…“ Ich konnte dann um einen 10-DM Schein bitten, der ja Gauß gewidmet war. Auf der Vorderseite waren sein Portrait und die Dichtefunktion der Standardnormalverteilung abgebildet, auf der Rückseite ein Heliotrop und eine Skizze der Triangulation des Königreiches Hannover. So konnte ich einfach zeigen, dass Statistik Bestandteil jedes alltäglichen Geschäfts ist. Sicher haben die Zuhörer in der Folge 10-DM Scheine mit anderen Augen angesehen.

Wenn ich Sie neugierig gemacht habe, schauen Sie auf die Wikipedia Seite über Gauß, die noch viele Informationen bereithält. Ich habe mit großer Begeisterung Daniel Kehlmanns Buch „Die Vermessung der Welt“ gelesen, das die Lebensläufe und Charaktere von Carl Friedrich Gauß und von Alexander von Humboldt gegenüber stellt. Ein faszinierendes Buch über zwei große Wissenschaftler, die in der gleichen Zeit aber auf völlig unterschiedliche Weisen unser Verständnis der Welt erweitert haben. Und natürlich feiert auch seine Heimatstadt Göttingen ihren berühmten Sohn. Dort gibt es eine Gauß Gesellschaft, möglicherweise nicht die einzige auf dieser Welt.

Tags Statistik
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Bernd Heinen

Sr Systems Engineer JMP

Mehr Informationen über JMP finden Sie hier: www.jmp.com/de

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