Elektromobilität – ganz oder gar nicht digital

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smart city and smart phone application using location information, hand hold smart phone, vector illustrationIn einem vorherigen Blogpost bin ich darauf eingegangen, welche Möglichkeiten Elektromobilität bietet. Autos tauschen sich aus, wo die nächste Ladestation steht, was hinter der Kurve wartet, oder das Auto kann mit der Werkstatt in Kontakt treten, um einen Wartungstermin zu vereinbaren. Und darauf, wie sich ganze Geschäftsmodelle verändern: Der Automobilhersteller liefert nun Mobilität als Dienstleistung und nicht mehr nur ein Auto. Eine Frage, die ich bisher noch nicht gestellt habe, ist die nach der gesellschaftlichen Relevanz.

Stellen wir uns folgende Situation vor: Ein Tesla bleibt an einer gelben Ampel stehen, weil das Auto von der Ampel informiert wird, dass sie gleich auf Rot umschaltet, und das Auto per integrierter Regel automatisch stoppt. Das (nicht vernetzte) Auto dahinter fährt aber voll hinten drauf, weil der Fahrer dachte: „Ist ja erst gelb, da komme ich noch gut rüber“ – und entsprechend sogar noch mal Gas gegeben hat. Wer ist dann verantwortlich für den Unfall? Wenn man den Gedanken weiterspinnt, könnte man sagen: Bei der Digitalisierung gibt es keine halben Sachen.

Automatisch bremsen

Denn wenn ein Auto ein Programm mit automatischen Regeln integriert hat, müssen die anderen Autos, die mit diesem Auto interagieren, die gleichen Regeln hinterlegt haben. So würde das nachfolgende Auto an der Ampel ebenfalls automatisch bremsen. Sehr viel komplexer wird es, wenn es zum Beispiel gilt zu entscheiden: Weiche ich jetzt dem jagenden Hund aus oder dem Menschen, der gerade die Straße überquert? Gut, dass jetzt der Bundesverkehrsminister Dobrindt Grundsätze kommuniziert hat und es eine Ethik-Kommission gibt, die sich damit beschäftigt.

Da sind wir dann auch schon beim Thema Künstliche Intelligenz oder Cognitive Computing. Kognitive Systeme können auf natürliche Weise mit Menschen interagieren (Sentimentanalyse, Gesichtserkennung), sind lernfähig (sie nutzen Feedback und passen Parameter bei bestimmten Eingaben an, um ein besseres Ergebnis zu produzieren) und nutzen zahlreiche Datenquellen, um valide Entscheidungen zu treffen. Das heißt nicht, dass Cognitive Computing grundsätzlich die menschliche Intelligenz und Entscheidungsfähigkeit ablösen wird. Aber in klar begrenzten Einsatzbereichen (beispielsweise als intelligente Assistenzsysteme) kann es sinnvoll sein. Die hinter diesen regelbasierten, automatisierten Entscheidungen stehenden Business-Intelligence- und Analytics-Probleme müssen aber immer noch vom Menschen formuliert werden, wobei man sich allerdings auch bei operationellen Entscheidungen immer mehr auf Machine-Learning-Algorithmen stützen wird.

Viele Fragen

Am Beispiel der Automobilindustrie – und hier gerade im Hinblick auf SmartCar und Elektromobilität – wird deutlich, dass es noch sehr viele Fragen gibt, die heute noch nicht geklärt sind. Wem gehören welche Daten? Wer übernimmt die Verantwortung für welche Entscheidung? Die Ambivalenz fängt schon bei den personenbezogenen Daten an. Diese sollten zwar dem Fahrer des Autos gehören. Steigt er jedoch mit dem Smartphone in das Auto, sammelt Google mit Android beziehungsweise Apple mit iOS bereits fleißig Daten mit. Und inwieweit dürfen Versicherungen Daten nutzen, um spezielle Tarife festzulegen oder Schuldfragen bei Unfällen zu klären?

Eines ist auf jeden Fall sicher: Die mit Digitalisierungsphänomenen wie Elektromobilität entstehenden Daten können – sofern leistungsstarke Analyticstechnologien angewandt werden – für mehr Sicherheit und Qualität für uns alle sorgen. Entscheidend ist jedoch – wie bei jeder Art der Datenanalyse – dass die relevanten gesellschaftlichen Fragen beantwortet werden, wie diese Daten zu nutzen sind. Je mehr Kommunikationsdaten im Zusammenhang mit Elektromobilität entstehen, umso dringlicher wird es sein, die Datenhoheit und Verantwortung zu klären.

Weitere spannende Artikel zum Thema liefert die vom Ingenieurversteher initiierte Blogparade „Elektromobilität 2016“.

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Michael Probst

Director Global Business Development

Michael Probst ist Director Global Business Development für den Bereich Internet of Things (IoT) bei SAS. Er ist verantwortlich für die Entwicklung und den Aufbau von Kundenbeziehungen in verschiedenen Branchen, in denen IoT-Themen relevant sind und unterstützt in dieser Funktion auch die SAS Global IOT Practice. Hier werden Kunden aus über 40 Ländern strategisch und operativ betreut. Vor seinem Eintritt bei SAS im Dezember 2011 war Probst knapp fünf Jahre für Landis+Gyr als Projektverantwortlicher tätig und betreute die europaweite Einführung und Vermarktung von Smart Metering IoT-Lösungen. Er verfügt insgesamt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in den Bereichen Vertrieb und Marketing von IT-Lösungen.

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