Die gescorten Rentiere scharren heute schon ganz nervös mit den Hufen. Bald geht es los! Sie freuen sich schon so auf die Reise. Überall auf der Erde ist es so schön geschmückt, alles leuchtet und blinkt! Und vielleicht liegt sogar ein bisschen Schnee. Heute wird mal wieder simuliert.
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Aber bevor es losgeht, muss das Christkind mit seinen Geschenkverladungs-Engeln noch eine logistische Meisterleistung vollbringen. Die Rentiere müssen alle für die Reise vorbereitet werden, sie brauchen morgens ein nahrhaftes Rentier-Frühstück, sie werden geputzt und ihre Hufen präpariert. Und ganz wichtig: Alle Geschenke müssen auf die einzelnen Schlitten verladen werden. Welche Geschenke auf welchen Schlitten sollen, das steht schon lange fest. Aber in jeder Werkstatt der Wichtel gibt es verschiedene Pakete abzuholen.
Das Schaukelpferd aus der Schreinerwerkstatt, die Bücher und Spiele aus der Druckerei, die Teddys aus der Weberei, ... Wenn die Rentiere planlos kreuz und quer durch die Werkstätten rennen, bis sie alle Geschenke zusammen haben, wäre das ein heilloses Durcheinander und die Geschenke wären frühestens am 27. auf der Erde. Nicht auszudenken, wenn durch das Tohuwabohu sogar zwei der Schlitten gegeneinander führen. Sie, liebe Leser, ahnen es schon. Im Himmel muss alles fein säuberlich geplant sein.
Es gibt für jeden Schlitten einen Beladungsplan. Erst geht es zu den großen und schweren Paketen, die kommen unten hin, dann zu den etwas kleineren und oben drauf kommen dann die leichten und zerbrechlichen Gegenstände. Und verladen werden die Geschenke von den Wichteln nicht irgendwo in der Werkstatt sondern an fest definierten Ausgabestationen. Soweit so gut. Aus Erfahrung weiß man aber, dass das Verladen eines großen Geschenks länger dauert als das Verladen eines kleinen Geschenks. Und nicht bei jedem Schlitten dauert das Verladen eines großen oder kleinen Geschenks exakt gleich lang, sondern dies variiert zufällig.
Trotzdem sollen alle Schlitten schnellstmöglich bepackt werden. Für die konkrete Planung des Schlittenbeladungs-Prozesses zieht sich das Christkind mit seinen Geschenkverladungs-Engeln zurück.
Sie bilden den gesamten Prozess als Modell ab. Welcher Beladungsschritt kommt hinter welchem? Wie viele Ausgabestationen haben sie momentan in jeder Werkstatt vorgesehen? Und wie war die Dauer für das Verladen der schweren Pakete im letzten Jahr verteilt? Um zu sehen, wie sich die Beladung der Schlitten mit den diesjährigen Geschenken, den geplanten Stationen und den mit Unsicherheiten behafteten Prozessschritten ergibt, führen sie eine Simulation der Beladung, bzw. genauer gesagt eine Discrete-Event-Simulation durch.
(Ach du Schreck!)
Der Bepackungsprozess startet für jeden Schlitten in dem Moment, wenn die zugehörigen Rentiere sich am Eingang der Produktionsstätten einfinden. Das Christkind liebt seine Rentiere, von daher schreibt es ihnen auch nicht vor, wann genau sie dort erscheinen müssen. Die Rentiere wissen, dass sie das im Laufe des Vormittags machen werden, aber sie entscheiden alleine, wann sie in Ruhe gefressen haben und sich innerlich dazu bereit fühlen, sich auf den Weg zu machen. Das heißt, neben der Verladungszeit der Geschenke unterliegt auch die Ankunftszeit der einzelnen Rentiere einer gewissen zufälligen Schwankung. Nehmen wir für die Modellierung des Verladungsprozesses zuerst an, wir hätten nur eine Ausgabestation. Dann lässt sich der Prozess wie folgt (s. rechtes Bild) zusammenstellen:
- Der Prozess startet, indem die Rentiergruppe eines Schlittens die Werkstätten betritt. Wann genau das geschehen wird, bzw. wie viel Zeit verstreicht, bis die nächste Rentiergruppe eintrudelt, das wird durch eine exponentialverteilte Zufallsvariable beschrieben. Wie wir an dem Diagramm sehen, fließt dies als Information in den Prozessstart ein.
- Bei derjenigen Rentiergruppe, die als erste in die Werkstätten kommt, wird als erstes mit der Schlittenbeladung begonnen. Hier wird mit dem First-in-first-out-Prinzip gearbeitet.
- Die Beladungszeit für den Schlitten ergibt sich auch aus einer Verteilung, die dem System ebenfalls übergeben wird.
Nachdem das Christkind und seine Geschenkverladungs-Engel diesen Prozess mit den geeigneten Verteilungen aufgestellt haben, drücken sie nur noch auf den Run-Button und schon sehen sie, wie sich die diesjährige Geschenkeverladung sehr wahrscheinlich ergeben wird. Um den Prozess bewerten zu können, lassen sie sich ausgeben, wie lange die Warteschlange der Rentiere direkt am Eingang der Werkstätten ist, bevor sie „bedient“ werden, wie lange ihre durchschnittliche Wartezeit ist und wie hoch die Anzahl der bepackten Schlitten nach einer gewissen Zeit ist.
Oh je! Während der Simulation entdecken sie, dass sich alles an der Ausgabe der Elektronikartikel staut. Diese Ausgabe ist wie ein Flaschenhals. Das ist gar nicht gut. Das heißt, die 14 eingeplanten Ausgabestationen scheinen dieses Jahr nicht mehr zu genügen. Gleichzeitig ist an der Bücherausgabe dieses Mal nicht mehr so viel los, da rennen die Rentiere sofort durch, sobald sie ankommen. Sie planen daher neu. Zwei der Stationen ziehen um. Wieder auf den Run-Button gedrückt und schon startet die Simulation erneut. Und siehe da! Kein Flaschenhals mehr vorhanden im Verladungsprozess! Alle Schlitten werden unter den getroffenen Annahmen in einer annehmbaren Zeit fertig bepackt und können los auf ihre Reise!