Koalitionsverhandlungen: Rauf mit den Steuern - muss das wirklich sein?

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Die Bundestagswahl 2013 ist mittlerweile zwei Wochen her und wird mir mit einer der langweiligsten Wahlkämpfe in Erinnerung bleiben.

Wie auch schon oft in früheren Wahlkämpfen: Steuern waren ein Thema, mit dem man nur sehr schwer Wähler an die Wahlurnen locken kann. Daher war Überraschendes bei der Steuerpolitik auch dieses Mal nicht geboten. Denn wie immer wollten die einen Steuern erhöhen und die anderen wollten sie senken. Je nach Wählerschaft, die man im Blick hat. Dass jetzt Parteien koalieren müssen, die Gegensätzliches gefordert und versprochen haben, macht das Ganze natürlich spannend. Noch letzte Woche wäre mein Tipp gewesen, dass das Ergebnis von Koalitionsverhandlungen irgendwo in der Mitte liegen wir; es soll schließlich niemand sein Gesicht bzw. Wähler verlieren. Dass sich sowohl die SPD als auch die Grünen von ihren Plänen, die Steuersätze zu erhöhen, so schnell distanzieren, damit hatte ich nicht gerechnet. Meiner Meinung nach ist das auch der richtige Ansatz schnellstmöglich in die Diskussion zu weiteren Themen einzusteigen.

Steuerpolitik als ganzheitliche Betrachtung

Steuerpolitik umfasst mehr als das Erhöhen oder Senken von Steuersätzen. Sie beinhaltet viel mehr eine ganzheitliche Betrachtung der Einnahmen und Ausgaben des Staates. Ich behaupte, auch ohne Veränderung von Steuersätzen wäre eine bessere und damit gerechtere Steuerpolitik möglich, wenn man die Steuerungsmöglichkeiten in den Verwaltungen konsequenter nutzen würde.

Ein paar Beispiele:

Da wäre zum einen der Personaleinsatz in der Verwaltung. Würde man die Informationen, die den Verwaltungen zur Nutzung zur Verfügung stehen, zeitgemäß analysieren, wäre eine bedarfsorientierte und kostensparende Personalsteuerung viel stärker zu realisieren. So könnten z. B. Steuerprüfungen wesentlich effektiver gesteuert werden. Nicht nur dass Prüfer Steuerfälle mit einem höheren Steuerausfallrisiko prüfen könnten, auch durch Verkürzung der Prüfungsdauer und Erhöhung der Prüfungsdichte würden Steuermehreinnahmen auch ohne neue Steuergesetze erzielt werden. Bei einer Steigerung des Mehrergebnisses je Prüfer um lediglich 10% wären Mehreinnahmen von bis zu 2 Mrd. € ohne weiteres möglich. Auch die Steuerbeamten in den Finanzämtern könnten durch den Einsatz moderner Datenanalyse und Fallbearbeitungssysteme erheblich von Massenarbeit entlastet und wieder verstärkt zur Prüfung von Steuererklärungen eingesetzt werden. Auch hier wäre eine Steigerung der Steuereinnahmen die Folge, und zwar ohne Erhöhung des Personaleinsatzes und den hieraus resultierenden Anstieg von Gehältern und Pensionen.

Zum anderen wären Judikative und Executive auf der Ausgabeseite durch ein effektives Monitoring viel schneller in der Lage, Fehlentwicklungen zu erkennen. Datenbasierte Anomalieerkennung und Predictive Analytics scheinen bisher bei der Steuerung von Ausgaben und der Prognose von Gesetzesauswirkungen keine große Rolle zu spielen. Zumindest, wenn man den Zeitungsberichten zur Energiewende Glauben schenken möchte. Die Förderung der Solarenergie und der damit verbundene, starke Anstieg der Energiekosten, schien viele politische Entscheidungsträger doch sehr überrascht zu haben.

Egal wie Sondierungsgespräche und hoffentlich folgende Koalitionsverhandlungen ausgehen werden. Ich wünsche mir einen möglichst großen Konsens.  Der Umbau, der innerhalb Deutschlands sowohl auf der staatlichen Einnahme- als auch auf der Ausgabeseite notwendig sein wird, um die Voraussetzungen der gesetzlich verankerten Schuldenbremse zu erreichen, wird nur möglich sein, wenn Bund und (alle) Länder an einem Strang ziehen.

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About Author

Winfried Hentrich

Business Expert Fraud Public

Winfried Hentrich hat an der Fachhochschule für Finanzen NRW Steuerrecht und der VWA Köln BWL studiert. Während seiner Zeit in der Finanzverwaltung NRW war er über 10 Jahre als Steuerfahnder in der Steuerfahndung Köln und 5 Jahre in der Innenrevision der OFD Rheinland (jetzt OFD NRW) eingesetzt. Seit April 2013 ist er bei der Fa. SAS Institute Deutschland im Competence Center Fraud and Financial Crimes für die D.A.CH.-Region tätig. Seine Schwerpunkte sind das Entdecken von Unregelmäßigkeiten und die Umsetzung und Kontrolle von Compliancevorschriften mit Hilfe analytischer Verfahren.

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