Professor Björn Bloching im Interview: Über das Ende der Intuition im Marketing (I/II)

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Professor Dr. Björn Bloching ist Autor des Wirtschaftsbuchs 2012 – „Data unser“ – und als Senior Partner bei der Unternehmensberatung Roland Berger unter anderem verantwortlich für das Geschäftsfeld „Marketing & Sales“. Er hat mir Fragen beantwortet zum Umgang mit Daten im Kundenmanagement, zur Nutzung des Potenzials in der Praxis und der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Wir werden das Interview in zwei Teilen veröffentlichen.

Quelle: Münchner Verlagsgruppe GmbH
Quelle: Münchner Verlagsgruppe GmbH

„Data unser“ lautet der Titel Ihres Bestsellers – Sie glauben also an die Macht der Daten im Kundenmanagement. Könnten Sie das Fazit Ihres Buchs in wenigen Sätzen beschreiben?
Primär ist es ein Appell: Liebe Unternehmen, werdet Analytical Competitor! Lernt Daten anzugucken, auseinanderzunehmen und richtig zusammenzusetzen. Wir erleben das Ende der Intuition – aber nicht das Ende des gesunden Menschenverstandes. Bleibt also pragmatisch bei dem was ihr euch vornehmt.

Was waren denn die Reaktionen auf Ihr Buch? Und von welcher Seite haben Sie diese erfahren?
Extrem viel Medienpräsenz hatten wir - über Spiegel, Zeit, Manager Magazin bis hin zur 20:00 Uhr-Tagesschau. In den Buchhandlungen wie auch bei Amazon hatten wir hohe Verkäufe, weit mehr als wir erwartet hatten. Und in Form von Zuschriften und Anfragen für Vorträge sowie dann auch von den Zuhörern bei unseren Vorträgen erfahren wir enorme, durchweg positive Resonanz auf das Buch.

Das Feedback war unisono: Gut, dass endlich jemand mit guten Praxis-Beispielen aufzeigt, und der sich nicht in theoretischen Überlegungen verliert, dass die neue Welt begonnen hat. Wir waren mit dem richtigen Buch zur richtigen Zeit am richtigen Ort: Vor einem Jahr war das Thema eben noch nicht auf der Agenda und heute wird fast jede Woche ein neues goldenes Big-Data-Kalb verehrt.

Weil Sie es gerade angesprochen haben … Big Data ist aktuell fast täglich ein Thema in der Wirtschaftspresse. Ist diese Dynamik für das Marketing bereits spürbar?
Viele Unternehmen denken darüber nach. Aber genauso viele Unternehmen wissen weder im Marketing noch darüber hinaus so richtig, was es bedeutet, ein Analytical Competitor zu sein. Sie wissen, sie müssen etwas machen. Aber wenn man fragt, was sie machen wollen, fehlen die Antworten.

Der schnellen Umsetzung dieser Konzepte stehen strukturelle Abteilungsgrenzen entgegen: In der Vergangenheit war Analytics ein Thema der IT, Einzelkundensteuerung in der Verantwortung des Vertriebs und Kampagnenplanung eine Marketingaufgabe. Und eigentlich gehört das alles zusammen und zwar in Echtzeit. Eng verknüpft und abteilungsübergreifend zu denken, ist eine Fähigkeit, die sich erst noch stärker entwickeln muss.

Wo sehen Sie das größte Potenzial für die verbesserte Nutzung von Kundenwissen in der Marketingprozesskette?
Da sehe ich drei Ansatzpunkte.

Das größte Potenzial liegt im Aufbrechen dieser starren Organisationslogik, bei der sich keiner wirklich für das Thema verantwortlich fühlt. Das geht einher mit der Verbindung von Marketing und Vertrieb auf Einzelkundenebene – ich verstehe meinen Kunden erstmals umfassend und kann alles Know-how nutzen, dass es zu dieser Person gibt.

Neben dem Vorteil jetzt erstmals als Gesamtorganisation auf Einzelkundenebene entscheiden zu können: Man kann ganz andere Marketingeffektivitätsmessungen machen als in der Vergangenheit. Marketing wird effektiver und effizienter, gleichzeitig besser messbar und damit kann das Management noch besser gegensteuern. Und zwar in Echtzeit.

Schlussendlich sind Analytical Competitor in der Lage in Rekordzeit Geschäftsmodelle und Produktentwicklungen auf den Weg zu bringen. Früher hat ein Unternehmen Marktforschung betrieben, dadurch Bedürfnisse ermittelt und Kampagnen ausgesteuert. Danach kam erst die Auswertung und der gesamte Prozess wurde mit diesen Daten noch einmal komplett vom ersten Schritt an durchlaufen. Heute mache ich alles parallel in kleinen Test- und Kontrollgruppen, werde so in Echtzeit immer besser und kann direkt auf Einzelkundenebene arbeiten ...

 

... Und weiter geht es im zweiten Teil: 

https://blogs.sas.com/content/sasdach/2013/05/29/professor-bjorn-bloching-im-interview-uber-das-ende-der-intuition-im-marketing-iiii

Themen unter anderem: Was fehlt den Marketingabteilungen zu dieser Data Excellence, wie schneiden deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich ab und könnten Tools wie Google Glass eine Relevanz für das Kundenerlebnis haben.

 

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Quelle: Münchner Verlagsgruppe GmbH
Quelle: Münchner Verlagsgruppe GmbH

 

Unter allen, die diesen Beitrag kommentieren, verlosen wir drei mal den Wirtschafts-Bestseller von Professor Bloching, "Data unser". Mitmachen können Sie noch bis zum 15. Juni. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

 

 

 

 

 

 

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About Author

Roland Brezina

Manager Customer Intelligence

Roland Brezina ist Leiter des Center of Excellence Customer Intelligence bei SAS in Deutschland, Österreich und der Schweiz: Der Diplom-Informatiker und CRM-Spezialist berät seit mehr als 15 Jahren Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung von IT-Strategien im Marketing. In seiner langjährigen Tätigkeit für SAS war maßgeblich daran beteiligt, das SAS-Lösungsportfolios für Customer Intelligence im deutschen Markt zu etablieren. Bereits in seiner Zeit vor SAS hat er branchenübergreifende Erfahrungen als Berater für Business Intelligence-Lösungen und CRM im Umfeld mittelständischer und großer, internationaler Unternehmen gesammelt.

13 Comments

  1. Ich würde gerne gewinnen, da ich das Buch gerne einem lieben Menschen schenken möchte, der sich eher mit diesem Thema auskennt:-)

  2. Glückwunsch zum Buch! Es ist nicht nur "zur rechten Zeit am rechten Ort" erschienen, sondern es ist auch mutig, genau so etwas zu publizieren, weil es z. T. auch visionär ist. So weit wie Prof. Bloching im Buch ist mancher in der Praxis (längst) noch nicht. Es wird ein steiniger u./o. weiter Weg, bis das marktdurchdringend verstanden wurde. Ich hoffe auf großen Erfolg. lg Kedser

  3. Nachruf ...BIG DATA killt AUCH die Maus:

    Lange wurde sie geclickt, auch mal weggeworfen, beschumpfen und für Passiertes in Verantwortung genommen und war doch immer nur einfach eine dumme Maus. Jetzt hat die Maus genug und für ihre Freiheit hat sie neue Verbündete gefunden.

    Künftig genügt ein "Wimpernschlag" und schon wird der Job, den die Maus mal hatte, in Aktion gesetzt.

    Ein "Wimp" und schon ist die Location erfasst,- ein "Wimp" und schon sind alle Freunde informiert,- ein "Wimp" und schon weiß die Bedienung was man heute gerne Essen oder trinken würde,- ein "Wimp" und schon weiß der Laden, welche Jeans ich gerne mag und in welcher Größe diese,- aus dem Regal in die Umkleidekabine, geschickt werden sollte,- ein Wimp....."Wimpen"..das Leben kann so einfach sein :-)!

    "WIMPEN" füttert "BIG DATA.....um allen das Leben einfach zu machen ? :-)!!

  4. Chef von Google:
    Schmidt: „Künstliche Intelligenz! Heute zum Beispiel. Anstatt selbst auf Google zu suchen, was mit der Wiedervereinigung war, erkennt dann mein Telefon, dass ich in Leipzig bin, noch nie hier war und das vermutlich wissen will.“

    🙂 Wimpen

    Die Philosphie von BIG DATA ist nicht die Suche nach neuen Wegen zum Kunden....Es sind die Algorithmen aus den BIG DATA, die den Kunden machen, den sie wollen 🙂 Es wird oft nicht klappen - aber über kurz oder lang werden wir gar nicht mehr nach Ablehnung fragen....Warum auch....Siehe Google Chef :-)!

  5. Stefan Hauck
    Stefan Hauck on

    Vielen Dank, Herr Ehmann. Das Zitat vom Google Chef gefällt mir, aber ich glaube nicht, dass ein Phänomen wie Big Data dazu führt, dass man nicht mehr nach Ablehnung oder den Gründen für die Ablehnung fragt. Bezogen auf Stornierungsrate oder Churn Rate werden Unternehmen gerade immer mehr versuchen zu verstehen, warum Kunden wirklich kündigen, um dann Angebote zu machen, die das eben verhindern sollen.

    • Richtig. Man wird immer besser verstehen was Kunden wollen - noch bevor diese Kunden wissen was sie wollen. Ähnlich wie bei Aktien - die werden heute nicht mehr Monate oder Tage gehalten, die werden heute in Sekunden gehandelt.

      Schneller als ein Mensch eine Entscheidung treffen kann. Was wir heute in den Aktiencharts sehen sind Resultate, rational durch Algorithmen gesteuert.

      Auf das Marketing übersetzt kann das bedeuten, dass wir nur noch die Produkte sehen und kaufen, die per BIG DATA konditioniert wurden. Soweit so gut. Nur - Den Markt machen dann nicht mehr die Verbraucher - den Markt machen die Algorithmen. Da alle Anbieter BIG DATA nutzen, bleibt nur der Weg mit BIG DATA, oder nicht mehr existent,- was wiederum eine Frage von Kapitaleinsatz sein wird....was wiederum...Beispiel: Kleine Unternehmen mit kleinem Budget, haben bei Google keine Chance mehr auf prominentes Ranking, Internetseiten werden nach den Google Vorgaben geliefert und geplant - Inhalte müssen Google konform sein...Google "klaut" redaktionelle Inhalte, mit der Begründung...die Redaktion hat ja auch was davon....nämlich mehr Zugriffe und damit auch Werbeeinnahmen....den Markt macht nicht mehr der Anbieter, sondern der Vertrieb und der fragt den Anbieter nicht mehr nach Konditionen - er macht es einfach,- nimm oder du bist weg....

      Wir sind schon vom "MAUSKLICK" zum "TOUCHEN" beim jetzt kommenden [Google Glasses] WIMPEN....BIG DATA funktioniert.... und macht den Markt. Die nächsten Generationen werden sich nicht mehr fragen....sie werden nehmen was BIG DATA anbietet.

      Marketing wird sich neu erfinden - Produkt>Preis>Kauf.....ohne Geschichte ein NO GO 🙂 ,- denn Geschichten kann BIG DATA nicht liefern - vielleicht ist damit die Rettung der Intuition gegeben.

  6. BIG DATA Quo vadis ?

    PayPal-Mitgründer Max Levchin will mit Glow“ eine App auf den Markt bringen, die weit mehr als nur ein Fruchtbarkeitskalender sein soll. Über ein soziales Netzwerk sollen sich Paare untereinander austauschen können.

    Gleichzeitig soll die App auf die Stimmungen der einzelnen Partner eingehen und dem Gegenüber Tipps geben, um die Stimmung des Anderen zu verbessern.

    Es ist geplant, die Technik hinter der App demnächst zu veröffentlichen, sodass Hardware-Hersteller die App in auch medizinische Apparate einbinden können. Noch ist das Programm nicht fertig......

    hier auch...

    Künftig sollen Internet-Nutzer auch Nährwertangaben von über 1000 Nahrungsmitteln bei Google finden. Der Service soll sowohl in der Web-Suche als auch Google Now zur Verfügung stehen.

  7. Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts finde ich sehr spannend von der Aussage

    Wir sehen das bei der Analyse und Überprüfung von Vertriebsstrategien, das Informations- und Datenmaterial wird laufend besser, aber ist oft immer noch selten konsistent

  8. BIG DATA braucht mehr noch als die Technik, eine positive Grundeinstellung und Lust am Experimentieren bei Analyse und im folgenden Marketing. Da bin ich gespannt wie das mit deutschem TÜV- und Perfektionsdenken in Einklang gebracht werden kann.

    Vom technischen Verständnis können wir BIG DATA, ob wir es auch wollen...

  9. Daten finden, Relevanz erkennen, Daten verknüpfen, Erkenntnis gewinnen, Erkenntnis nutzen / umsetzen - Es scheint, als sei dies die neue Interdisziplin und ohne aktivem Netzwerken zwischen den Abteilungen ist sie gar nicht angehbar!

  10. G. Tröger on

    Sehr interessantes und wichtiges Thema. Neben fehlender Verantwortlichkeiten in IT oder Marketing sehe ich auch, dass man sich hinter Unsicherheiten in Bezug auf Datenschutz versteckt - Rechtsabteilungen machen den Umgang mit "Big Data" nicht gerade einfacher.

  11. Pingback: Geklickt im August – Akquiseblog

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